Zweites Kapitel.
Romanischer Styl.
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Reihe von Säulen, deren Anzahl sich nach der beabsichtigten Länge des
Mittelschiffes richtet. Sie erheben sich in weiten Abständen und einer den
Verhältnissen der antiken Kunst ungefähr entsprechenden Höhe. Doch
scheint die Säule , sei es wegen ihrer schwierigeren Bearbeitung und grös-
seren Kostspieligkeit, sei es wegen ihrer geringeren Tragfähigkeit, nicht
lange allgemein geherrscht zu haben. Sehr bald tritt der Pfeiler an ihre
Stelle, entweder indem er sie ganz verdrängt und aus der S äul e nb as ilik a
eine Pfeil erb as il ika macht, oder indem er sich in die Säulenreihe alter-
nirend,' wie auf unserer Abbildung der Kirche zu Hecklingen, Taeinschleicht.
Manchmal wechselt der Pfeiler selbst mit zwei Säulen, so dass er jedesmal
die Stelle der dritten Stütze einnimmt. Diese Variationen, die wir schon
in einigen altchristlichen Basiliken Roms antrafen , und die in der romani-
schen Epoche neben einander gefunden werden , modiiiciren bereits in
lebendiger XVeise den Eindruck des Mittelschiffes. Die reine Säulenreihe
bot am meisten Gelegenheit für Anwendung mannichfacher Ornamentation,
aber sie stand mit ihrem zierlichen, mehr weiblichen Charakter in einem
fühlbaren Gegensätze gegen die ernsten Mauermassen. Die ausschliessliche
Längendurchschnitt der romanischen Basilika.
Anwendung des Pfeilers gab einen zwar schlichten, schmucklosen Eindruck,
harmonirte jedoch in ihrer männlicheren Kraft um so besser mit dem Uebri-
gen. Von anmuthiger Wirkung erwies sich der Wechsel von Säulen und
Pfeilern, welcher zierlichen Schmuck mit kraftvoller Strenge paarte und
dem Auge inderselben Weise rhythmisch wohlthat, wie ein trochäisches
oder daktylisches Maass dem Ohre.
Die Oberwände des Mittelschiifes erheben sich in ansehnlicher Höhe,
und zwar etwa 2 bis 2M, mal so hoch als die YVeit-e desselben. Sie werden
von einer flachen Holzdecke geschlossen. Ziemlich dichfuntel- derselben
durchbricht eine Reihe von Fenstern dlß Mauerfläche. Durch sie erhält das
Mittelschiff eine selbständige, von Oben einfallende Beleuchtung, während
in den Umfassungsmauern der Seitenschiiiie ebenfalls Lichtödnungen zur
Erhellung dieserNebenräume hegen. Eigenthümlich ist, dass sich die An-
Ordnung der Fenster nicht immer an die Ahzahl der Arkadenbögen bindet,
sondern gewöhnlich hinter derselben zurückbleibt. Gleich denen der alt-
christlichen Basiliken sind auch hier die Lichtöifnungen im Halbkreise ge-
wölbt, allein da man sie nunmehr mit Glasscheiben ausfüllte, so bildete
man sie viel kleiner. Auch gab man ihnen keine rechtwinklige Wendung,
sondern liess dieselbe sich nach aussen und innen erweitern. Dadurch
wurde nicht allein dem Licht ein freierer Zugang, dem Regen nach aussen
Mittelschiff.