Drittes Kapitel.
Aeussere Verbreitung, des mohamedanischen Styles.
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auf, die vielleicht erst einer Umänderung des 9. Jahrhunderts angehören.
Den Spitzbogen findet man an der 885 gegründeten Moschee Ibn Tulun Moscheen zu
zu Kairo, deren Hof von drei Arkadenreihen, an der Seite des Heilig- Kai"-
thums von fünfen, eingeschlossen wird. Ihre Bögen ruhen auf kräftigen
viereckigen Pfeilern, welche die schöne Anordnung haben, dass sie an jeder
Ecke sichmit einer Säule verbinden. Diese ansprechende Gliederung führte
indess auch hier nicht zu einer weiteren Entwicklung. Ungemein reich und
prachtvoll ausgestattet ist die Moschee des Sultan Hassan, 1356 Ver-
baut, besonders aber durch eine von den übrigen ägyptischen Bauten ganz
abweichende Grundform ausgezeichnet. Diese bildet nämlich ein Kreuz,
indem nach vier Seiten sich grosse überdeckte Räume an den in der Mitte
liegenden freien Hof anschliessen. Die Nische des Heiligthums , von einer
hohen Kuppel überdeckt, liegt an der Stelle, welche in christlichen Kirchen
der Altar einnimmt. Durch diese bedeutsame Anlage, so wie durch ihre
glänzende Ausstattung, zeichnet sich diese Moschee vor den übrigen aus.
Ihr Aeusseres entspricht durch kräftige Gesims- uncl- Zinnenbekrönung,
durch elegante Minarets und besonders durch einen prächtigen, mit einer
Stalaktitenkuppel überwölbten Pbrtalbau dem Charakter des Innern. End-
lich ist hier noch die im J.1415 eävziiiphtete Moschee elMoyed(Fig.1-18)
zu erwähnen, welche, wiederuinffiderlin Aegypten herkömmlichen Form
folgend, von doppelten Arkaden umzogen wird, während die Seite des Hei-
ligthums aus einem dreischiffigenßau besteht. Die Arkaden derselben sind
durch hochgespannte hufeisenförmige Bögen gebildet, und die flachen Holz-
decken , welche den ganzen Raum überziehen, haben prächtige Bemalung
und Vergoldung, und in den Ecken Stalaktitenkuppeln als Zwickel 1). Die
Kapitale der Säulen sind grossentheils antikenGebauden entnommen.
So bedeutsam auch in Aegypten die mohamedanischqArchitektur sich (fyhamkter der
Angesichts der alten nationalen Denkmäler des Landes und der römischen agggtligxf"
Ueberreste zu gestalten begann, so blieb sie 'doch gleichsam beim ersten
Anlauf stehen. Unvermögend. die erhaltenen Eindrücke, zu welchen noch
byzantinische Einwirkungen kamen, zu einem Ganzen zu verschmelzen,
verharrte sie in ihrem unbehülflichen. wenn auch imposanten "Massenbau,
liess die neuen Bogenformen unentwickelt, behalf sich bis in die spätesten
Zeiten mit den erplünderten Fragmenten antik-römischer Gebäude und er-
starrte in diesem Gemisch unverarbeiteter Formen.
Im Laufe des 9. Jahrhunderts wurde auch Sicilieng), bis dahin unter Sieilien-
der Botmässigkeit der byzantinischen Kaiser, dem Islam unterworfen.
Unter arabischer Herrschaft erholte die gesegnete Insel sich bald von den
Verheerungen des Krieges und erreichte im folgenden Jahrhunderte die
höchste Stufe ihrer Blüthe, die ihren Ausdruck denn auch in den "architek-
tonischen Schöpfungen gefunden hat. Leider sind dieselbenrbei der im
11. J ahrh. erfolgten Eroberung der Insel durch die Normannen grössten-
1) Wenn auf unserer Abbildung deryergleich einer christlichen Basilika beim ersten Anblick sich
aufdrängt, so hat man sich zu vergeäenwamge", dFlSS die perspectivische, durch die Bogenverbindungen
angedeutete Richtung der Hallen keineswegs auf den Zielpunkt des Ileiligthums hinläuft, sondern nur
die Säulenreihen , die sich vor dem Helhgthume hinziehen und an beiden Endpunkten in die Arkaden
der anderen Seiten übergehen, veranschaulicht.
2 94mm; d, prgmyey ; Essai sur Yarchitecture des Arabes et des klares er, Espagile, en Sicile et en
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J. J. Hittorf et 1:. Zanth Archiwemre moderne de 1a Sicile. FoLPavis was.
L übke, Geschichte d. Architektin. 15