Viertes Kapitel.
Altchristliche Baukunst bei den Germanen.
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stammelnden Versuchen, in fremder Kunstsprache zu reden, berichten. S0
wenig wir auch Eigenthümliches, Neues finden, so hat doch andererseits die
Energie , der regeEifer, mit welchem die kindlich unentwickelten Völker
sich einer durch ihre Pracht und Grösse überwältigenden Bildung hingeben,
der unverdrossene Muth, mit welchem sie ihre ersten Schritte auf der Bahn
höherer Cultur wagen, etwas Fesselndes.
Dass bei der Rohheit jener Naturvölker die Berührung mit den Resten Mangel an
einer abgelebten Cultur zuerst keine erfreuliche Mischung hervorzurufen Cum"
vermochte , war natürlich. Die angeborne, durch die langen Kämpfe ge-
steigerte Wildheit des Sinnes entsprach wenig den ausgebildeten Formen
römischer Sitte, Gesetze und Einrichtungen. Gleichwohl waren sie dem im
Gährungsprozess seiner ersten Entwicklung befangenen nationalen Geiste
die einzigen Vorbilder eines geordneten staatlichen und gesellschaftlichen
Daseins. Dazu kam aber noch bei den in Italien eingedrungenen Völker-
schaften das Berauschende einer üppig südlichen Natur, welches auf die
ungebildeten Gemüther einen sinnbethörenden, vielfach verderblichen Ein-
rluss übte. So ist es denn kein Wnnder, dass das Christenthum nur in sei-
ner äusserlichsten Form angenommen wurde , und dass das wilde , zügel-
lose Leben in schneidendem Contraste gegen das religiöse Bekenntniss
stand. Aehnlich verhielt es sich denn auch mit den Aeusserungen der
künstlerischen Thätigkeit, so dass die ungefüge Art der Ausführung oft
einen auffallenden Gegensatz zu den aus antiken Gebäuden geraubten_
Prachtstücken, den Säulen mit ihren Kapitälen und den Ornamenten, bildet.
Die Ost gothen waren die ersten, welche vermöge ihrer Bildungs- Qstgoma,
fähigkeit auf italienischem Boden eine Aneignung antiker Formen im Leben
wie in der Kunst mit einem gewissen Erfolge versuchten. Besonders unter
Theoderich's Herrschaft wird eine rege Bauthätigkeit bemerkbar. Was, von
seinen Werken noch vorhanden ist, ahmt durchaus den Charakter spät-
römischer Architektur nach. So findet man an seinem Palaste zu Ra- 1mm
vennal), von dem ein geringer Theil sich in der Vorderfacade des Franzis- Theode'ich's'
kanerklosters erhalten hat, die Anordnung von Halbsäulen mit aufruhenden
Blendbögen, wie am Palaste Diocletian's zu Spalatro; nur sind die Einzel-
formen bereits roher, entarteter. Bedeutender für die Erkenntniss des
Geistes seiner Bauunternehmungen ist sein Grabmal ebendaselbst, die Grabmal,
heutige Kirche S. Maria della Rotollda zl- 1m Gßgensatze gegen seine an-
deren Bauten, die nach dem Vorbilde der römischen Prachtwerke sehr reich
ausgeschmückt und mit Mosaiken bedeckt waren, erhebt sich dieses Denk-
mal in beabsichtigter Einfachheit, einen würdigen Eindruck gewährend.
Auf einem zehnseitigen Unterbau, Welcher von zwei Gängen durchschnittgn
wird und vermuthlich in der Mitte den Sarkophag des Königs barg, ruht
ein ebenfalls zehneckiges zweites Geschoss, zu welchem eine doppelte Frei-
treppe emporführte. Eine gewölbte Säulenhalle umgab ehemals das obere
Stockwerk. Das Innere desselben, "von runder Grundform, ist von einer
über-30 Fuss im Durchmesser haltenden Kuppel bedeckt, die von einem
einzigen ausgehöhlten Felsblüclßsgebildet wird. Die Kühnheit, mit welcher
eine so ungeheure Last aus den rstrischen Steinbrüchen herbeigebracht und
1'. Quast: Ravenna.
Ebendaselbst.