Zweites Kapitel.
Altohristlicher Basilikenbau.
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schlossen und geöffnet werden konnten. Den mittleren Raum des Kreuz-
schiffes wies man der niederen Geistlichkeit an ,g welche "den Chorgesang
auszuführen hatte, wovon in der. Folge der Ausdruck vChora auf die Oert-
lichkeit übertragen wurde. Von den beiden Seitenfiügeln des Kreuzschiifes
hiess der eine, vornehme Männer und Mönche aufnehmende, Senato-
rium; der andere, Matronaeum genannte, wurde angesehenen Frauen
und Nonnen eingeräumt. Das ganze Sanctuarium wurde von dem für die
Gemeinde bestimmten Langhause durch eine niedrige marmorne Mauer-
schranke getrennt, die an beiden Seiten mit einer erhöhten Kanzel (Amb o)
verbunden war. Von der südlichen wurde dem Volke die Epistel; von der
nördlichen das Evangelium vorgelesen.
Die Gemeinde theilte sich in das Langhaus und zwar so, dass die Langhaus.
Männer die nördliche, die Frauen die südliche Hälfte einnahmen. War kein
Querschiff vorhanden, so zog man, wie an S. Clemente zu Rom , den der
Apsis zunächst liegenden Theil _des Mittelschiifes zum Sanctuarium hinzu
und schied ihn durch Schranken von den übrigen Theilen. Am westlichen
Ende der Kirche grenzte man ebenfalls durch eine niedrige Brustwehr, die
hier in der ganzen Breite des Innern hinlief, einen schmalen Raum ab, der
wegen seiner Form oder Bestimmung den Namen Narthex (Rohr, Geissel)
erhielt, denn er nahm die noch nicht zur Gemeinschaft der Kirche gehören-
den Catechumenen auf, die nur zum Anhören derEpistel und des Evan-
geliums zugelassen und beim Beginn des heiligen Opfers entfernt wurden.
Endlich legte sich oft an diese Seite der Basilika ein äusserer, von Säulen-
hallen rings umschlossener Vorhof (Atrium, Paradisus) , in dessen Mitte
ein Brunnen (Cantharus) stand, aus welchem man beim Eintreten ähn-
lich wie beim griechischen Tempel zum Zeichen innerer Reinigung sich
hesprengte. Während des Gottesdienstes hielten sich hier diejenigen auf,
welche, aus der Kirche ausgestossen, öffentlich Busse thun mussten.
Am zahlreichsten finden sich die Basiliken in Rom selbst vora"). Unter Basiliken zu
den von Constantin erbauten zeichnete sich die alte P et erskirche durch Rom-
ihre Grösse, fünfschifiige Anlage und reiche Ausschmückung aus. Ihre
Säulenreihen zeigten noch das antike Gebälk statt der Bögen. Sie musste
im 16. J ahrh. der kolossalen neuen Peterskirche weichen. Auch die Pauls- s. Paolo.
kirche vor den Mauern Roms, die etwas später unter Theodosius von
386 -c. 400 aufgeführt wurde, ist zerstört worden, da, Sie im J_ 1823
durch einen Brand zu Grunde ging: doch ward sie "jüngst mit Nachahmung
der alten Anlage erneuert. Diese hatte ebenfalls ein fünfschiffiges Lang-
haus auf vier Reihen von je 20 lrormthischen Säulen (vgl. Fig. 1l8 u. 119),
die jedoch schon die Bogenverbindung haben, und ein mächtiges Kreuz-
schiff , das durch eine später eingesetzte Mauer seiner Länge nach getheilt
wurde, Die Gesammtlänge dieses grossartigen Baues betrug 450 , des
Querhauses 240 Fuss, die HalbkuPPel der Apsis hatte 84 Fuss Spannung,
die Weite des Mittelsßhiffes 80 FIISS, Während der jetzige ungeheure
S_ peter nur 70 FUSS Mittelschiffwßitß hat. Andere römische Basiliken
Hauptwerk über dle römxschen Bäsiliken F. G. Guttensohn und J. JkLKnupp: Denkmale der
christlichen Religion, 056)" SaYYÄmI-WIS (19? flltesten Kirchen oder Basiliken. F01. Rom 1822 23'- Dßlll 315
Text 0'. Bumen : Die Baslliken des chrlsthchen Roms. 4. Rom 1843. Siroux dJAgincuurt: Histoire
de 1m m. e vols- Paris 133g Deutäßhe 5128:. von F. v. Quant. Berlin 1s4o. L. Canßina: Ricerche
sulP architetmra piü prüprla de! temPJ Chnstlani etc. F01. Ruma1846. J. Burckhardt: Der Cicerone-
8. Basel 1855.
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