Drittes Kapitel.
Römische Baukunst.
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punkte gleich geeignete Form empfahl sie sich, wie schon oben gezeigt
wurde, zur, freiesten baulichen Verwendung; in ihrer mehr ornamentalen
als streng constructiven Entfaltung entsprach sie dem Princip, nach welchem
die Römer die Architektur mehr als einen Schmuck denn als eine tief noth-
wendige, ideale Aeusserung des Lebens auffassten; in ihrer reichen Pracht,
die obendrein einer willkürlichen Behandlungsweise breiteren Spielraum
darbot, musste sie für eine Baukunst, die weltlicher Macht als Verherr-
lichung dienen sollte, die geeignetste erscheinen. Dazu kam , dass die
römische Kunst das Blattwerk dieses Kapitals (vgl. Fig. S9) voller, schwel-
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lender bildete als die griechische, die dasselbe feiner, zarter, zugespitzter
behandelte. Dennoch blieb der römische Baugeist nicht bei ihr stehen; in
dem Streben, für seine kolossaleren Werke ein Kapital zu finden, das reiche
Zierlichkeit mit schwerer Pracht Verbände, griff er zu der Auskunft, auf
den unteren Theil des korinthischen Kapitals anstatt der leicht elastischen
Spiralstengel die breiten Voluten sammt dem Echinus des ionischen Kapi-
täls zu legen. So entstand das sogenannte Com-posit- oder. römische
Kapital (Fig. 90), eine Form, die nicht eben glücklich gewählt ist, da
sie statt des lebendigen Aufspriessens der leichten Glieder einen unver-
mittelten Gegensatz zwischen den zarten Spitzen der aufrechtstehenden
Akanthusblätter "und dem schwer wvuchtenden , horizontal aufliegenden
Echinus sammt den Voluten zur Schau trägt. _Von den S äul enbason ist
Römisches
Kapitäl.