Volltext: Geschichte der Architektur von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart ; mit 448 Holzschnitt-Ill.

Zweites Kapitel. 
Etruskische Baukunst. 
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sich im Mittelpunkte des Halbkreisbogens treffen. Da jeder einzelne Stein 
das Bestreben hat, nach unten zu gleiten und die benachbarten zu verdrän- 
gen, so keilen sie sich gleichsam unlöslich in einander und verbinden sich 
mit Hülfe des Mörtels zu einer monolithen Masse. Wie hierbei namentlich 
die beiden untersten Steine, welche den ganzen Bogentragen, und der 
obere, mittlere, der das System erst zumvollen Abschluss bringt (der 
Schlussstein), die wichtigste Stellung einnehmen, begreift sich leicht. Man 
sieht aber zugleich , wie bedeutsam diese Erfindung ist , wie seharfsinnige 
Combination sie voraussetzt, wie sie recht eigentlich aus einem praktischen, 
verstänigen Volke hervorgehen musste. l)em einfachen, naiven Sinne lag 
sie um so ferner , je weniger sie in der Natur vorgebildet, je weniger sie  
an der Wesenheit des Steines selbst haftet, je_mehr sie Ergebniss einer 
künstlich complicirten Rechnung ist. Desswegen kamen auch die Griechen 
nicht auf diese Constructionsweise, da sie, in allen Dingen schlicht der 
Natur folgend, auch in der Architektur den Stein nur seinen natürlichen 
Eigenschaften gemäss behandelten.   
Mehrere gewölbte etruskische Bauten sind auf "uns gekommen. Zu- Smfltihßrzu 
nächst haben wir einige-alte Stacltthore zu erwähnen, unter denen eins zu lolmlm 
 Volterra (Fig. 84) , in enger Verbin- 
Fis- 84- dung mit den bereits oben genannten 
 J:- Mauern der Stadt,. das alterthümlichste 
  W sein mag. Am Sehlusssteine und jeder- 
   seits an dem untersten, unmittelbar dem 
 X  Gesims aufliegenden Steine sind grossc.  
   Ü, kräftig vertretende Köpfe angebracht, 
    w    welche eine bedeutsame Hervorhebung 
j; EETTKJ-illlirx w; "i;  der Hau tmomente des B0 ens bewir- 
 _j'   ken. Augh zu Perugia habin sich zwei Wmßßll 
    l  etruskische Thore erhalten, unter denen Piirugia" 
 örxj  "l das eine, das sogenannte Thor des Augu- 
T {Äwiiialerärij I!  stus, eine spätere, reichere Behandlung 
g i Tgffäihjjr-y xi"   verräth, die in eigenthümlichcr Artge- 
l-fräj"; wisse Formen der dorischen Architektur 
 aufgenommen hat. Ueber dem Bogen 
Th0r_v0n Voltexra.  zieht sich nämlich ein Fries hin, der 
lebhaft an den jenes griechischen Styles 
erinnert, obschon statt der Triglyphen hier kurze dorisirende Pilaster, statt 
der Metopen runde Schilder ausgemeisselt sind. Ungleich bedeutender, ja Cloaca 
wahrhaft grossartig erscheint der Gewölbebau jedoch an dem mächtigen  
Werke der unterirdischen Abzugskanäle zu Rom, die unter der Herrschaft 
der Tarquinischen Könige gegen Anfang des sechsten Jahrh. v. Chr. von 
Etmskem ausgeführt Wurden. Sie hatten die Bestimmung, die Niederungen 
Zwischen den Hügeln der Stadt trocken zu legen und die Unreinigkeiten  
abzuleiten. Daher vereinigen sich die verschiedenen Kanäle in einen Haupt-  
kanal, die Cloaca maxima, Welcher mit einer Breite von 20 Fuss in die 
Tiber mündet. Die Sicherheit und Kühnheit, mit welcher der Gewölbebau 
hier bei so beträchtlicher Spannweite durchgeführt ist , die Festigkeit, mit 
welcher derselbe nun seit mehr als zweitausend Jahren dem ungeheuren 
Gewicht, das auf ihm lastet, zu trotzen weiss, ist bewundernswerth.
	        
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