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Zweites Buch.
nehmungen so allgemein verbreitet gewesen zu sein, dass die Baumeister
oft über ihre Bauführung, ihr Verfahren und ihre Grundsätze ausführliche
Schriften veröffentlichten. S0 schrieb Theodoros über das Heraeon von
Samos, so Chersiphron über das Artemision von Ephesos. Leider sind diese
wichtigen Zeugnisse, die dem Römer Vitruv noch vorlagen, ohne Ausnahme
verloren gegangen.
DOYiSChES- Auch die berühmtesten dorischen Tempel jener Epoche sind grössten-
Apollo-T. zu theils spurlos untergegangen. Dahin gehörte der T emp el des Apollo zu
mlphi" Delphi, der zur -Zeit der Pisistratiden, also in der zweiten Hälfte des
sechsten J ahrh., nach einer Zerstörung durch Brand mit Beihülfe von ganz
Griechenland, das durch freiwillige Beiträge zusteuerte, prächtiger als vor-
her erbaut wurde. Namentlich zeichnete sich das Priestergeschlecht der
Alkmaeoniden, dem die Leitung des Baues oblag, dadurch aus, dass es statt
des versprochenen Sandstein-Materiales den {kostbaren parischen Marmor
verwendete. Als Meister wird jedoch kein Athener, sondern Spin Hz (was
Zeus-Tempel von Korinth genannt. Nicht minder berühmt war der Zeustempel zu
z" immh Athen, der unter Pisistratus von den Baumeistern An tista tes, Ka l-
Za es clrros , An tim acltide s und Po rinos in gewaltigen Dimensionen
begonnen, nach Vertreibung der Pisistratiden jedoch unvollendet blieb, bis
Antiochus Epiphanes ihn durch den Römer Cossu tius als korinthischen
Dipteros ausführen liess. Seine gänzliche Vollendung erfolgte sogar erst
unter Hadrian. Der Unterbau, 354 Fuss lang bei 171 Fuss Breite, gehört
noch der ursprünglichen Anlage. Von geringerer Ausdehnung , aber nicht
Acllertvf minder berühmt, war der ältere Parthenon auf der Akropolis, das so-
mmmm"' genannte Hekatompedon (nhundertfüssigea), der später durch die Perser
zerstört und nach siegreicher Vertreibung derselben prächtiger wieder auf-
gebaut wurde. Es war ein dorischer Peripteros, von dem merkwürdige
Bruchstücke, Säulentrommeln, Gebälkfragmente und Quadern, neuerdings
in der nördlichen Burgmauer zu Athen eingemauert gefunden worden sind.
Der dorische Styl tritt völlig ausgebildet an diesen Ueberresten hervor.
Unter den Stufen des jetzigen Parthenon hat man auch den Unterbau jenes
älteren in einer Ausdehnung von 176 zu 66 F. entdeckt und die Anordnung
eines Peripteros von 6 zu 14 Säulen erkannt.
Reste in Bedeutendere Denkmäler aus dieser früheren Entwicklungsepoche sind
im eigentlichen Griech enland wie es scheint nur in geringer Zahl vor-
handenf). Als die alterthümlichsten Reste erscheinen die Ruinen eines
Korinth. Tempels zu Korinth, wahrscheinlich der Pallas heilig und wohl schon
dem fünften J ahrh. angehörend, von dem nur sieben Säulen des Peristyls
sammt Theilen des Gebälks noch aufrecht stehen. Hier sind die Verhält-
nisse ungewöhnlich gedrückt, da der Säulenschaft kaum die Höhe von vier
unteren Durchmessern hat. DerEchinus ist ebenfalls mit überstarker Aus-
ladung gebildet, und der Hals hat drei Einschnitte (Fig. 67). Das Material
ist ein mit trefflichem Stucküberzuge versehener Kalkstein. Dagegen zeigt
Pallas-Tempel der Pallastempel zu Aegina, dessen Bau gleich nach den Perser-
" Acgma" kriegen, also noch vor der Mitte des fünften J ahrh. stattfand, bereits eine
wesentliche Umwandlung, eine Milderung der alterthümlich herben Form-
Antiquities cf Iunin, published by Vzhe Society of Dilettanti. F01. VAOI- II. London 1797.
The uneditrwl antiquitics nf Attlca by Lhc Socwty of Diluttnnti. F01. London 1817. Abel Blouet. Ex-
püdition scientiümlue de hioräe, nrdonnöe par le gouvernemeut frangnis. ßVoll. F01. Paris 1331_3g_