Erstes Kapitel.
Griechische Baukunst.
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Zeugnissen der Schriftsteller wissen, offen und wurde durch hineingestellte
Gefiisse bisweilen geschmückt. Ohne Zweifel diente sie, wie selbst aus Wtrztvfs
Worten hervorgeht, in jener Zeit, als der dorische Bau noch keinen Peripteros
kannte , als Lichtöffnung. Durch die Form des Peripteros erst wurde sie
in dieser Eigenschaft überflüssig und durch die Hypäthralanlage ersetzt.
Bei allen vorhandenen Tempeln ist sie durch eine Steinplatte geschlossen,
welche bisweilen nackt, bisweilen mit bedeutsamen Reliefs geschmückt
war. Hier fand also ein lebenvoller YVechsel von kräftig stützenden und
bloss ausfüllenden Gliedern statt, die eine ihrem Wesen entsprechende
künstlerische Behandlung zeigten.
Das Kranzgesims (Geison) , welches nach oben das Triglyphon Kranzgcsims.
begrenzt besteht aus einer weit ausladenden hohen Platte, deren Form
im rechten Winkel sich entschieden gegen die aufsteigende Richtung der
unteren Glieder als Lagerndes zu erkennen gibt. Das Geison spannt sich
von Axe zu Axe "der Triglyphen als verknüpfendes Glied aus und trägt weit
vorspringend und die unteren Theile vor dem Regen schützend den eben so
weit vorgeschobenen Giebel des Daches. Die durch theilweise Aushöhlung
entstandene, etwas abwärts geneigte untere Fläche erleichtert die Masse
und ermöglicht ihr, bei geringem Auflager auf dem Gebälk, welches sie mit
den nach der Cellawand gehenden Deckbalken theilen muss, die starke
Ausladung. Die Unterfläche desGeison zeigt eine höchst charakteristische
Verzierung. Viereckige Platten treten hervor, die man ungenau als Die-
lenköpf e (Mutuli) , richtiger als Viae (weil sie die vorspringende Rich-
tung des Geison charakterisiren) bezeichnet; eine über jeder Triglyphe,
eine über- jeder Metope. Die untere Fläche derselben ist durch dreimal
sechs keilförmig gebildete Tr op f en verziert, welche das frei Ueherhangende
der Deckplatte treffend versinnlichen. Das D achge sim s oder Geison des Dachgcsims.
Giebels besteht aus derselben Platte welche das Kranzgesims bildete;
nur fehlen hier selbstredend die Viae mit ihren Tropfen. Ueber die obere
Platte des Gesimses erhebt sich noch ein Glied von weich geschwungener
Form die Rinnleiste (Sima), hinter welcher sich das Regenwasser
sammelt. Ihr Ende pflegt mit einem Löwenkopfe (o) geziert zu sein, der
durch ein Rohr das Wasser weit vom Gebäude hinweg niederschleudert.
Stirnziegel, palmettenartig gebildet, erheben sich auf einer Platte (n)
an den Seiten und Firstziegel auf der Mitte des Giebels. Der Gieb 91 selbst Gießen
(das Tympanon). beim tierischen Bau Sehr niedrig, hat vor seiner hinter
dem Gesims weit zurücktretenden Fläche, die aus aufrechtstehenden Plat-
ten gebildet ist den erhabensten Bildschmuck des Gebäudes, Gruppen
von Statuen, die sich auf den Mythos der betreffenden Gottheit beziehen.
Die Decke der Säulenhalle wird durch die hinter den Triglyphen Decke.
und auf der Cellamauer aufliegenden Balken und das zwischen diesen ein-
gespannte Füllwerk der Kalymmatien gebildet. Die Stirn der Balken ist
also ursprünglich jedesmal nur hinter den Triglyphen liegend zu denken,
mit denen zusammen sie die Oeffnungen der Metopen bewirkten. Der Bal-
kcn erhält an seiner Unterfläche durch ein aufgemaltes , geflochtenes Band
seine Charakteristik, nach oben aber seinen Abschluss durch ein Kymation
(eine kleine Welle) summt einer Platte. Auf das Gerüst dieser Balken und
der Epistyle legt sich. sodann als Verschluss die Kalymmatiendecke, einem
Husgespannten Teppich vergleichbar. Diese Decke, aus einer kräftigen
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