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Zweites Buch.
umgebogener Blätter charakterisirt wird f). Diese Kapitälbildung erfährt
AIm-n- eine Umgestaltung an den Anten, den Stirnseiten der Mauern. Hier wird
aus dem Abakus eine leichte Platte und aus dem Echinus ein zart über-
schlagendes Glied, eine kleine Welle (Kymation) , die mit dem Ornament
eines Blätterschemas charakterisirt ist. Unter diesem entspricht ein breites
Band dem Halse der Säule.
Mvhitmv- Auf dem Abakus ruht, hinter ihn zurücktretend, der Architrav
oder das Epistylion Dies ist ein gewaltiger, xpn einer Säulenaxe zur
andern reichender Steinbalken, welcher in ungegliederter Form streng und
bestimmt sein Wesen als Verbindung der Säulen und Unterlage des Ober-
baues ausspricht. Nur metallne Schilder und vergoldete YVeihinschriften
pflegte man als leichteren Schmuck an ihm anzubringen; dagegen mag er an
seiner Unterfläche als ausgespannt-es Band durch ein aufgemaltes Schema
von gedochtenen Bändern decorirt gewesen sein, wie denn in der römischen
Kunst später solche Charakteristik plastisch ausgeführt wurde. Ein vor-
tretendes Plättchen oder schmales Band verknüpft den Arehitrav nach oben
l-"rics- mit dem Friese (liglz) (auch Triglyphon genannt), der durch Bildwerkc
höhere Bedeutung erhält. Doch ist nicht die ganze Fläche des Friescs
mit Sculpturen geschmückt, es wird dieselbe vielmehr durch aufrechtste-
hende, etwas vertretende viereckige Steinblöcke (1111,) , die mehr hoch als
breit sind, in einzelne Felder getheilt. Diese Platten führen von der Eigen-
thümlichkeit, dass sie durch zwei ganze und an den Ecken durch zwei
frig-lyplicn. halbe Kanäle von scharfer Austiefung belebt werden, den' Namen der Tri-
glypheh (Dreischlitz). Sie erscheinen als die Träger des Giebels, und ihre
vertieften Streifen oder Furchen drücken in ähnlicher Weise wie die Ca-
nelluren der Säule die straffe Anspannung des Stützens aus. Die scharfe
Ueberneigung der Furchen am oberen Ende heisst Scotia, und der über ihr
befindliche Theil der Triglyphe ist ihr Kapital. Vorgedentet ist indess diese
Eintheilung des Frieses bereits am Architrav; denn ein schmales Bändchen,
wie ein Riemen gestaltet, in der Breite der Triglyphe sich vor die Fläche
legend, ist an der unteren Seite mit je sechs kleinen Püöcken, die man
als T rop f en bezeichnet, geschmückt. Will man sie als Nachahmung der
Regentropfen erklären, die, in den Kanälen der Triglyphen niedergelaufen,
hier hängen geblieben seien , so erscheint diese Deutung eben so spielend
als unpassend. Die Anordnung der Triglyphen ist der Art, dass über jeder
Säule und zwischen je zwei Säulen sich eine erhebtxl). Nur auf den Ecken
rückt die Triglyphe über die Mitte der Säule hinaus an's Ende der Reihe,
und die dadurch eintretende Unregelmässigkeit wird durch etwas engere
Säulenstellung und weiteren Abstand der Triglyphen ausgeglichen. Das
Metnpeil. zwischen den Triglyphen bleibende fast quadratische Feld (g) heisst Meto-
pon (die Stirn). Es war bei alterthümlichen Monumenten, wie wir aus
Aruhitrnv.
Dies die Ansicht Bötticliefs, der bei allen durischen Kapitälen das ursprüngliche Vorhandensein
einer solchen, olurelnMalcrei beunrktcn Charakteristik annimmt und sich dabei auf die plastische
Ausbildung dieses Ghedes durch die spätere römische Kunst beruft. Auch die Fläche des Abakus a
nimm; er als mit dem lvläanderschema bemalt an. Belege hierfür an griechischen Denkmälern fehlen.
C. Bätt-ichw nimmt als ursprüngliche Form des durischen Frieses die "monotriglyphische" an,
wo nämlich nur über jßdßl" 551'110 Cirlß Triglyphe gestanden haben soll. Hinter ihr ruhten die Balken
der Decke auf dem Epistyl, so dass die ganze Last auch hier auf die Säule geworfen wurde. Beispiele
solcher vermutheten Anordnung sind nirgends aufgefunden, auch spricht jene Stelle bei Vitruv (I V,
cap. 3, 7) keineswegs für diese Annahme, während dagegen die unzweifelhaftc ursprüngliche Functiou
der hletopen als Fe n s t e r ö ffn u n ge n durch sie Bestätigung erhält.