Volltext: Geschichte der Architektur von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart ; mit 448 Holzschnitt-Ill.

Zweites Buch. 
mern der Töchter gewährt. Zu beiden Seiten der Aula dagegen öffnen sich 
Räume zu hauswirthschaftlichen Zwecken, und wir finden hier die Küche, 
die Speise- und Vorrathskammern u. dergl. , so wie auch die Stiege zum 
Obergeschoss der Gynaikonitis, das den Selavinnen angewiesen ist. Die 
verschiedenen Räume erhalten gleichsam ihre Weihe durch Aufstellung von 
Altären und anderen Heiligthümern, wie sie der Bedeutung des Ortes ent- 
sprechen. Dies im Wesentlichen die Grundform des hellenischen Hausesü). 
Der (loriscine Styl. 
Die Siiu 
Dvr Schaft. 
Der Säuh 
1121.15. 
Ernst und würdig wie der Charakter des Volksstammes , der ihn her- 
vorgebracht, ist das Wesen des dorischen Styles. Von der obersten Stufe 
des Untersatzes steigen in dichtgedrängten Reihen, mit einem Abstand 
(Intercolumnium) von 17„ bis  unterem Durchmesser, die mächtigen 
Säulen auf. Keine Basis, welche den selbständigen Charakter jeder einzel- 
nen Säule zu stark betonen würde, bildet einen vermittelnden Uebergang. 
U nvorbereitet, in voller, ungebroehener Kraft schiessen die Stämme auf; 
ein aus dünnen Platten dicht gefugter Plinthus (der Stylobat) , der die 
oberste Stufe des Krepidoma bedeckt, dient ihnen als gemeinsamer Fuss. 
Ein Bild jener hohen Bürgertugend und Strenge, die den Einzelnen, so 
durchgebildet er sein mochte, nur in der Beziehung zum Ganzen, in der 
Unterordnung unter allgemeine Zwecke auffasste. Der Säulen gemeinsame 
Bestimmung ist, den Arehitrav (das Epistylion) zu stützen. Wie bewusste 
Wesen, so kühn und energisch steigen sie auf. Der runde Schaft würde 
indess leblos erscheinen, wenn nicht die Cancllirungen (Rhabdosis) ihn 
bedeckten. Dies sind zwanzig flache Kanäle, Vertiefungen, welche, mit 
den Kanten in einen scharfen Steg an einander stossend, parallel empor- 
steigen, Nicht allein, dass ihre Schattenwirkung die sonst todte Masse 
gliedert, so dass sie von Leben durchpulst erscheint: es spricht sich auch 
in den Canelluren das straffe Zusammenschliessen des Schaftes um seinen 
Mittelpunkt, die Anspannung der Säulenkraft, die aufsteigende Tendenz 
des Stammes auf's Entsehiedenste aus. Aber nicht ganz scheitrecht erhebt 
sich die Säule. Vielmehr schwillt sie, als ob eine überschüssige Kraft in 
ihr aus dem Boden strahle, bis auf ungefähr ein Drittel der Höhe um ein 
Geringes an (man nennt diese Anschwellung die Entasis) , strebt dann 
aber, je näher dem Ziele, um so dichter und geschlossener empor, so dass 
sie ihre Grundfläche allmählich  etwa um ein Sechstel des unteren Durch- 
messers  verringert: sie bildet eine Verjüngung. Die Höhe des gan- 
zen Schaftes beträgt einschliesslich des Kapitals an den Monumenten der 
besten Zeit etwa 572, an alterthümlichen oder provinziellen Denkmälern 
oft weniger, ja selbst nur 4 untere Durchmesser. 
Dicht unter dem oberen Ende zieht sich ein feiner Einschnitt (Fig. 52 
bei e) ringsum, von wo aus man bis zum Kapital den Hals der Säule (das 
Hypotrachelion) rechnet. Dieser entstand aus der technischen Construction 
der Säule. Denn da man während der Errichtung des Oberbaues die unteren 
Theile nothwendig verletzt haben würde, so fügte man die einzelnen Stein- 
trommeln, aus denen der Saulenschaft bestand, uncanellirt zusammen und 
1) Vergl- 
Ilervnann. 
Handbuch 
der griechischen Privataltcrthümer. Heidelberg
	        
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