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Zweites Buch.
unterbrochen. Die unterste Reihe wird durch eine Brüstungsmauer von
der etwas tiefer liegenden Orchestra getrennt. Dies war der Raum , ini
welchem sich um die in der Mitte aufgestellte Thyrnele , den Altar des
Bakchos, der feierliche Reigen des Chores bewegte. Seinen Zugang hatte
derselbe durch die offenen Eingänge (Parodoi) von der Rechten und Linken
der Bühne. Letztere (die Skene) bestand aus einem rechtwinkligen Gebäude
"mit zwei vorspringenden Seitenflügeln, vor dessen mit drei Thüren ver-
sehenen Front die Schauspieler auf dem erhöhten und wahrscheinlich mit
einem Dache irersehenen Proskenion (oder Logeion) sich bewegten. Treppen
scheinen das Proskenion mit der niedriger gelegenen Orchestra verbunden
zu haben. Man sieht, wie diese ganze Anlage in einfachster Weiseaus der
Gestalt des griechischen Dramas hervorgegangen ist. Alles lag unter freiem
Himmel, war hypiithral, und nur zeltartig ausgespannte Teppiche schützten,
auch dies jedoch erst in späterer Zeit , vor dem Brande der Sonne f). In
geringerer Ausdehnung dem Theater nachgebildet, meist in der Nähe des-
selben , befand sich das zu musikalischen und lyrischen Aufführungen,
gelegentlich aber auch zu Volksversammlungen und Gerichtssitzungen be-
nutzte O deion. Solche Odeen finden sich zu Ath en, von Perikles unter--
halb der Akropolis aufgeführt, zu Aperlae in Kleinasien, zu Akrae und
Catania auf Sicilien und zu Pompeji. Griechische Theater sind theil-
weise erhalten zu Jassos, besonders alterthümlich und von einfacher
Anlage, zu Argos , Sparta, Mantinea und Megalopolis, letzteres
das grösste in Griechenland, hinreichend für 40,000 Zuschauer, bei 336 Fuss
Durchmesser der Orchestra und 650 Fuss der Area des Theatrons; ein
besonders durch treffliche Ausstattung hervorragendes zu Epid auros,
vom Bildhauer Polyklet erbaut; zu_ D e lo s , S ik y on und Melo s; in
Kleinasien zu Telmissos, Assos, Aizani, Pessinunt, auf Sicilien
zu Syrakus , eins der grössten, von 420 Fuss Durchmesser, und,zu
Sege sta (Fig. 50). Verwandte Werke waren das für den öffentlichen
gymnastischen Wettlauf. bestimmte Stadium, in langgestrecktcr Anlage,
und in umfassenderer Ausdehnung der H ip p 0 d r 0 m , dem Wettrennen
der Rosse dienend. Stadien kennen wir zu J a s s 0 s , A p hr o di si a s,
Siky 0 n , M e s s en e , letzteres in dorischem Style; Hippodrome zu P es s i-
nunt, Aizani u. s. w. In einem Bezug zu den öffentlichen Spielen stehen
"auch die choragischen Denkmäler, kleine oft sehr zierliche Bauwerke,
welche errichtet wurden, um den in den musischen Wettkämpfen als Sieges-
preis davongetragenen Dreifuss wie ein Anathem empor-zuhalten.
Grabmiller- Die Grabmäler gehören ebenfalls hierher, mögen sie in einfacher
Weise als Felskammern mit und ohne Portikus gestaltet sein, oder sich
als aufrechte Denkpfeiler (Stelen) mit giebelartigem Abschluss oder einer
Wohnhäuser. Akroterienblume bekrönt (vgl. Fig. 5 I) darstellen Endlich ist des Pri-
vatbaues zu gedenken, der, im Gegensatze zu der fast asiatischen Pracht
der Herrscherpaläste aus der alten Tyrannenzeit, bei dem republikanischen
Geiste der griechischen Staatsverfassung durchaus einfach war, und erst in
II. Strunk. Das altgridclxische Theatergcbäude (Potsdam 1843), gibt eine"Zusammenstellung
sämmflicher bekannten antiken Theater summt einer geistvollelr und kunstsixmigcn Restauration das
griechischen und des 1Aömischcn 'l'hPa1;ers. Vgl. Fr. llßiescler. Thcatcrgebäudc und Denkmäler des
Bühnenwesnns bei (11:11 Griechen und Rümm n. F01. Göttingen.
0. M. v. Stackelberg. Die Gräber der Griechen in Bildwerken und Vaseugemhlden. F01. Bur-
lin 1835.