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Hauptstück.
Fünftes
Zwecken dienstbar machte, eine Richtung, die sich auch auf die
Kleinkünste erstreckte. Zugleich hielt das Technische, neben dem
Zwecklich-Formalen, mehr als bei den Alten der Fall war, die
Künste in Abhängigkeit von dem Stoffe.
Sehen wir nun von dem gegenständlichen Bezuge der zu wäh-
lenden ornamentalen Mittel ab, so ist zunächst ihr formales Wir-
ken in Beziehung auf Grössenverhaltnisse zu berücksichtigen.
Unzweifelhaft erheischt Kleines eine andere ornamentale Aus-
stattungals Grösseres; es darf das Kleine niemals in der Kunst
eine Reduktion des Grossen sein, noch das Grosse eine Ampliü-
kation des Kleinen. Ein Motiv, das in grosser Ausführung reich
entwickelt sein darf, ohne verworren zu erscheinen, wird in der-
selben Weise, nur reduzirt, auf kleinere Gegenstände nicht passen,
vielmehr muss gleichzeitig mit der Reduktion eine Vereinfachung
des Motivs eintreten, zur Vermeidung des Kleinlichen und Kon-
fusen. Die inbegriffliche Darstellung ist ein Geheimniss
dessen Besitz den Meister macht und auch hierin waren die Alten
gross für alle Zeiten.
Vergleiche zur Bestärkung des Angeführten die einfachen
Mäander, Eierstabe, Blattkränze und dergL, wie sie auf gemalten
Vasen vorkommen, mit den gleichartigen Verzierungen an skulp-
tirten kolossalen Prachtvasen oder gar an Monumenten. Ferner
die inbegrifflichen Auffassungen von zum Theil noch bestehenden
Tempeln, Triumphbögen u. s. W. auf alten Münzen mit den m0-
dernen Medaillen ohne Stil, die den dargestellten Gegenstand mit
peinlichster Sorgfalt perspektivisch getreu und ohne die geringsten
Detailauslassungen wiedergeben. Eben so inbegrifflich fassen die
höhere Plastik und die Malerei (der besten Zeiten) die lebende
Natur auf. Oft geben sie aus räumlichen Gründen, um im Bez
schränkten gross zu bleiben, partem pro toto: das Prinzip des
Michel Angelo, Raphael, Correggio etc. für ihre grossartigen Kom-
positionen auf beschränkten Deckenfeldern.
In Fällen soll Kleines kleiner und Grosses grösser erscheinen
als es ist, oder_ umgekehrt. ist Grosses zu verkleinern, Kleines zu
vergrössern (dem Scheine nach). An alle diese Fälle ist zu den-
ken, 0b sie beiueinem Vorwurfe Anwendung finden, woraus sich
dann von selbst ein gewisser innerer Massstab für die Wahl und
die Verhältnisse der_ ornamentalen Mittelergibt, sowie ein Anhalt