Volltext: Keramik, Tektonik, Stereotomie, Metallotechnik für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 239 in den Text gedr. Holzschn. und 5 farb. Tondrucktaf. (Bd. 2)

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Fünftes HÄuptstück. 
Es folgt dass die Kugel als absolut indifferente Form an 
und für sich die aufgestellten Bedingungen nicht erfüllt, obschon 
sie vermöge ihrer grossen Capacität und hydrodynamischen Zweck- 
dienlichkeit als Gefässform sehr praktisch ist. Man findet dass 
die Gefasskunst in ihren Anfängen dieses Schema mit Vorliebe 
festhält, von welcher sie sich schrittweise immer mehr lostrennt, 
indem sie verschiedene Verhältnisse für ihre Gefässe wählt. Die 
-Geschichte fast jeder Gefässart weist dieses nach (vgl. z. B. die 
archaische bauchige Hydria mit der späteren kühngeschweiften 
Kalpis, die alterthümliche Amphora mit der schlanken Vase glei- 
cher Art. S. 12 unten und S. 49). Eben so ist der Cylinder 
mit quadratischem Durchschnitt, der aufrecht eben so aussieht 
wie auf den Kopf gestellt, aus den angeführten Gründen als Ge- 
fässform unästhetisch. Entschiedener erscheint schon (oben unter 
B. I, auf S. 80) die überhöhte Walze. 
Dafür enthält das Ovoid, in seinem unendlichen Wechsel 
der Entwicklung, die verlangten formalen Eigenschaften die der 
Kugel abgehen; und wie das Ovoid zur Kugel, ähnlich verhalten 
sich das Konoid und noch mehr das Hyperboloid (der Kelch, 
die Korboberßäche) zu dem Cylinder, betreffend die gleiche Eigen- 
schaft ihrer Entschiedenheit, verglichen mit letzterem. 
Alle diese zuletzt genannten Formen, nämlich das Ovoid, das 
Konoid und das verwandte Hyperboloid, gestatten doppelte An- 
wendung, je nach der Lage ihres Schwerpunkts in Beziehung 
zur Handfläche. 
Ausserdem lassen sich diese Formen selbst ins Unendliche 
variiren 1 (abgesehen von ihrer Mischung), so dass keine Gren- 
zen für den Eriindungsgeist durch sie gestellt sind. Diese weni- 
gen Typen, das Ovoid, dasKonoid und das Hyperboloid reichen 
aus, um jegliche Nüance des Charakters einer Gefässform auszu- 
drücken. Auch hier bestätigt sich das allgemein in der Natur 
wie in der Kunst vorherrschende Gesetz grösster Sparsamkeit der 
Grundmotive  bei unbeschränkter Mannigfaltigkeit ihrer Ent- 
Wicklung. 
Doch bewegt sich auch hier die Freiheit nur innerhalb ge- 
wisser Schranken, die sie nicht ungestraft überschreitet, wobei 
das Gesetz der Aesthetik mit der Grenze der Stabilität, zum Theil 
1 Man vergleiche 1000 Eier, so wird 
dem andern gp Eleganz nachstehen. 
keins 
und keins 
dem andern gleichen
	        
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