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Elftes
Hauptstück.
und seinen Glanz nach den Erfordernissen der Aufgabe, die vor-
lag, dampften, abtonten und variirten. '
Der Polirstahl diente nur um einzelne Glanzpunkte heraus-
zuheben oder um eine Goldlläehe durch Abwechselung des Matten
und Glänzenden damit zu mustern, um Arabesken und Akanthus-
rankenwerk mit ihm hervorzubringen.
Nicht nur Steigerung, sondern auch Abwechslung der Effekte
erstrebte man durch ähnliche Mittel, durch röthliche, bräunliche
und grünliche Lasuren der Goldgründe, denen man die nöthige
Dauer zu verschaffen wusste. Ebenso färbte man Silber, Eisen
und Erz, entweder äusserlich oder schon im Metall, dessen Mi-
sehungsverhältnisse mitunter in einer Weise als Faktoren einer
beabsichtigten Wirkung in Anwendung kamen, die uns, nach
dem Standpunkte unserer Wissenschaft und nach unsern ererbten
Schönheitsbegriäen, gleich unverständlich ist. 2
Das Gold als Grund bildnerischer und malerischer Gegen-
stände darf nicht glänzen; es muss auch mit dem Kolorite und
der Haltung der Gegenstände auf ihm, sowie des umgebenden
Ganzen übereinstimmen. So feierlich undiruhig- diese Goldgründe
wirken, wo natürlicher Stilsinn oder die Hand eines Meisters ihre
erforderlichen Abstimmungen übernahmen, ebenso abschreckend
sind gewisse sehr anspruchsvolle und sogar vielgepriesene mo-
derne Ausgeburten der von falschem Klassicismus befruchteten
Geschmacklosigkeit. 3
1 Von Phidias wissen wir, dass er den goldenen Mantel seines Zeus Olym-
pios mit farbigen Dessins bedeckte. Die Vergoldungen der Ällfanddekorationen
an den römischen Bädern sind sämmtlich matt und lasirt. Das Gleiche sehen
wir an allen orientalischen Vergoldungen.
Bei der Restauration der schönen Apollogalerie im Louvre wurde nach
dem Vorgang der Meister Lebrun und Berain alles Gold der Gründe und der
Baugiieder, owie der Rehausses in den Arabesken mit grösster Sorgfalt ab-
wechselnd braun und grünlich lasirt und abgetont.
2 Der rhodische Erzgiesser und Maler Aristonidas mischte Erz mit Eisen,
um durch die Rostfarbe des lctztern, wenn sie durch den Glanz des Erzes
durchsehimmert, die Raserei des Athamas auszudrücken (Plin. 34. 14 a. E.
Dalech.). Der Bildhauer Silanion mischte in das Erz, aus welchem er das
Antlitz der Jokaste bildete, Silber, um in der dadurch entstehenden blässeren
Nuance des Metalls die Bleiehheit des Todes wiederzugeben.
3 Kreideweisse Figurenfriese auf purem blankem Dukatengold, im Feuer
vergoldete Plafonds u. dergl. m. Die gute Tradition des Vergoldens hat sich
nur in Frankreich erhalten; kaum auf den schlechtesten Tapeten in den Cafes