Metallutechnik
(Metallarbeiten).
Angriifswaäen.
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Drittens haben sie auch höchste stilhistorische Bedeutung,
wegen der Klarheit des Ausdrucks, womit sich Charakter und
Geist der Zeiten und Völker an ihnen abspiegelt.
Doch das Wichtigste bleibt immer die erwähnte praktische
Stilfrage. Der Waffenschmied muss den strengsten Zwecklichkeits-
gesetzen nachkommen, denn Leben, Freiheit, Macht, Besitz, alle
höchsten irdischen Güter, einer Person oder eines ganzen Gemein-
wesens, stehen ein. Daher herrschte zu allen Zeiten eine gewisse
relative Ünverdorbenheit und Reinheit des Geschmacks in den
Waffen. Sowohl in den barbarischen Zeiten wie in den Perioden
der Civilisationsblüthe War die Zunft der Waffenschmiede das
Asyl und die Plianzschule der Künste. Die höchsten Talente
sind ihr entwachsen und verschmähten es nicht, für sie zu wirken.
Eine verhältnissmassige Keuschheit des Geschmacks zeichnet end-
lich sogar die Waffen jener üppigen Zeiten aus, in denen die
Grundsätze des Stils im Ganzen missachtet wurden und alle andern
Künste der allgemeinen extravaganten 1 Zeitrichtung folgten.
Charakteristisch ist an den Waffen noch ihre fast ausnahrnslose
relative Unabhängigkeit von den Gesetzen der Symmetrie und
das Vorherrschen der Richtungseinheit an ihnen, was ihren For-
men ein solches Leben ertheilt und sie für rüstige Krieger und
Jäger so kleidsam macht. Der Gedanke daran darf dem Künst-
ler, der diesen dankbaren Stoff ästhetisch zu bearbeiten hat, sehr
nützlichen Anhalt bieten.
Wir haben glücklicherweise bessere und öftere Gelegenheit,
die dekorative Kunst an Waffen zu studiren, als sonst an irgend
einer ihrer Anwendungen. So manche treffliche Waffensammlung
in den verschiedenen Ländern unseres Welttheils breitet dazu
ihre Schätze aus, aber diese sind, für unseren Zweck, noch
fast gänzlich llllbellützt geblieben; die Wichtigste Frage kam bei
ihrer Prüfung noch selten in Betracht. 2
1 Beispiele die zu Windsor befindliche Leibflinte Ludwigs XIV., gebaut
von Peraube, mit reichen Ciseluren und eingelegten Arbeiten; ein Vorbild
ornalllentaler Kunst in ihrer Anwendung auf Feuergewehre. Die ebendaselbst
beündliehen Suhler Werke des Meisters Weiss sind das schönste Rococo das es
gibt, hier den geschweiften Formen des modernen Schiessgewehrs gleichsam
naturgemäss entwachsen.
2 Ein in diesem Sinne abgefasster Bericht des Verfassers über die Privat-
Waffensammlung Ihrer Maj. der Königin zu Windsor, datirt vom 20. Septbr.
1852, wurde von dem First report of the Department of practical art, London
1853, abgedruckt.