Lietallotechnik
[Metallarbeiteny
Die
eigentliche
'I'oreutik.
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Der Anfang des 13ten Jahrh. bringt diese nordische Frührenais-
sance fast zur Reife, indem an die Stelle der ausseren Bewegtheit
schon selbstbewusstes, individuelles Leben tritt. Die Durchdring-
ung und herrlichste Wiedererweckung der antiken Form durch
den Geist des Christenthums ist beinahe erfüllt, da stellt sich
ein neues, dem byzantinischen verwandtes, aber viel lebenskräf-
tigeres Prinzip dazwischen. Das gothische Bausystern beschränkt
ihren Wirkungskreis, hemmt ihre Entfaltung, stellt ihr sogar in
bewusstvollstem Thun ein streng hieratisch-arehitektonisches Schema.
der Bildnerei und Malerei entgegen. 1 Dieses wird zwar, höchst
wahrscheinlich von Deutschland und Belgien aus, sehr bald glück-
lich überwunden, die sächsisch-romanische Renaissance entfaltet
siegreich ihre Banner, an Stelle der niedergeworfenen fränkischen
Popanze, allein sie erkauft diesen Sieg mit ihrer Unabhängigkeit,
indem sie zwar nicht byzantinische Sklavin, aber doch Vasallin
des neuen Systemes wird, welches der einheitlichen Komposition,
der in sich vollständigen Wirkung, dem individuellen Streben des
Künstlers keinen oder nur geringen Raum gestattet. Langsam
verkümmert sie in handwerksmässiger Manier, wo sie nicht gegen
das System in offene Rebellion tritt. (Tektonik 146, 155, 156.)
Auch die Kleinkünste, unter diesen besonders die Goldschmieds-
und alle Metallarbeiten, werden von der gothischen Baukunst un-
terjocht, die übrigens vorzugsweise stereotomisch und daher auch
der Metallstereotoinie in gewissen Beziehungen fördersam und
günstig ist.
Grössere Erzarbeiten aus dieser gothischen Periode sind selten,
aber wegen eines gewissen unabhängigen, gleichsam rebellischen
des Erlösers, der Maria und der Apostel in fast antiker Grüsse, Fülle und selbst
Grazie. Ende des l2ten Jahrhunderts: Chorwände in S. Michael zu Hildesheim
in noch belebterem und reicherem Stile, Stuckskulpturen in der Busskapelle
der Stiftskirche zu Gernrode, die schon gedachten Engel in den Zwickeln
der Kirche zu Hecklingen. (Puttrich, I. 1. Ser. Anhalt. T. 22 f. T. 29 ff,
Kugler, kl. Schriften. I. S. 605.)
Das Höchste erreicht diese Schule im Anfange des 13ten Jahrh.: Kanzel
zu Weehselburg, goldene Pforte zu Freiberg, Altar zu Wechselburg, Grab-
stein des Grafen Dedo IV. daselbst. (Kugler, Kunstgesch. II. S. 258.)
Auch auf die Malerei erstreckt sich ihre Wirkung, wovon aber durch die
farbenscherle Wuth der modernen Wandtiincher fast die letzten Spuren vertilgt
wurden. Wandgemälde zu Schwarzrheindorf bei Bonn, im Dome zu 3088i
u. sonst. (Lübke S. 321, Denkmäler der K. T. 49 A.
1 Die starren Säulenheiligen zu Chartres, S. Denis, Mons, Bourges etc.