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Elftes
Hauptstück.
Die Zusammenfügung der nunmehr unverschiebbaren Theile musste
fester sein und geschah nicht mehr in ringförmiger Gliederung,
sondern in der Richtung der proportionalen Entwicklung von
oben nach unten, also in Nähten, wie bei den Gewändern (siehe
ä. 20 des ersten Bandes), wonach sich auch ihre dekorative Be-
handlung richtete (s. 19 ebendaselbst). Man kam ferner der
Festigkeit wegen auf das Bauehen der Waffenstücke, woraus
ein neues Stilmoment der Metallotechnik hervorging, dessen stili-
stischer Werth mit der Aufnahme der bezeichneten Bewaffnungs-
methode wohl erst klarer hervortrat. Der kesselartig gewölbte,
kreisförmige, argolische Schild ist ein einfachstes und reinstes
Ergebniss dieses struktiven Prinzips. Der Thorax wurde den
Formen des Brustgewölbes nachgebildet, mit senkrechten, durch
Heftel verbundenen Fugen oder Nähten unter den Armen. So
auch die Beinschienen; indem sie den Formen des Leibes sich
anschmiegen, ist ihre Bauchung zugleich für den bezeichneten
Zweck (erreiehbarster Rigidität) die günstigste.
Die Waffenschmiedekunst des sinkenden Mittelalters sollte in
ihrem verzweifelten Ringen gegen die vernichtende Gewalt des
Pulvers die der Alten noch verdunkeln. Nachdem man seit der
zweiten Hälfte des 13ten Jahrhunderts angefangen hatte den bei
den nordischen Völkern früh eingeführten asiatischen Ketten-
panzer mit einzelnen vollen Metallplatten zu verstärken, ging
man zu Anfang des 14ten Jahrh. zu dem Harnisch und dem ganz
geschlossenen Visirhelm über. Die volle Rüstung, ganz aus flachem
Eisen, zeigt sich erst in den letzten Jahren des 14ten Jahrh. oder
gar erst zu Beginn des löten. Dies ist eigentlich die Zeit des
Höhenpunktes der modernen Panhoplie in Beziehung auf technisch-
zweckliche Vervollkommnung. Aber das Gesetz tritt noch rein
schematisch auf, der Harnisch ist scharf gebaut, stark gewölbt,
gerieft, in allem wohl berechnet, um die Stösse abgleiten zu
lassen und ihnen Widerstand zu leisten; Schweifungen, Kanten
und Riefen sind noch unverholene technische Verstürkungsmittel,
das gothische Prinzip der unverkleideten Struktur waltet noch
vor, die Absicht des Schmückens bleibt dabei untergeordnet oder
befolgt vielmehr nur technische Motive. Einzelne Theile beginnen
erst in der zweiten Hälfte des löten Jahrh. sich dekorativ zu be-
reichern, d. h. die bereits im Schema vollendete Tubularstruktur
findet ihren bildlichen und künstlerischen Ausdruck. Von nun