Volltext: Keramik, Tektonik, Stereotomie, Metallotechnik für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 239 in den Text gedr. Holzschn. und 5 farb. Tondrucktaf. (Bd. 2)

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Ähntes 
Hauptstück. 
Mancher Irrthum vererbte sich so von alten Zeiten her auf uns 
und wird in unseren Lehrbüchern noch immer mitBehagen verbreitet, 
wodurch in den Vorstellungen über die griechischen Stile und deren 
Geschichte grosse Verwirrung entstand. Ein solcher von den 
Alten vererbter Irrthum haftet zunächst an dem (dorisch) helleni- 
sehen Tempelgrundplane, also an der eigentlichen Fundamental- 
frage über das Wesen der dorischen Bauweise. 
Kunsttypen, die seit ältester Weit über die Zeiten monumen- 
taler Kunst hinausragcnder Tradition Bestand und Regel hatten, 
Wurden mit dem späten Erwachen des dorisch-hcllenischen Kul- 
turgedankens aus früheren schon in sich ganzen und vollständigen 
Verbindungen herausgerissen, beispiellos zusammengewürfelt, ver- 
stümmelt, ohne alle Pietät misshandelt. Ihre Lösung aus allen 
früheren Verbänden musste vorangehen, damit sie frei wurden 
eine neue Verbindung um einen neuen Gedankenkern herum an- 
treten zu können. 1 
Dieser neue Gedanke war der peripterisehe Tempel, 
das säulengetragene Giebeldach, die monumentale 
Hütte (Skene), als Gegensatz zu dem schlichten alt-gräko- 
italischen (oder nach Thierschs Bezeichnung pelasgisch-aehäi- 
sehen) Sekos, der das Kultbild einschliessenden oblongen Kam- 
mer (cella), die von dem mächtigen Kyklopenfundament des 
Opferaltares, hinter oder auf dem sie gestellt ist, in dieser ihrer 
nackten Beschränktheit vollständig erdrückt wird, jeder selb- 
spätere Benützung in einem neuen Sinne. Dieser Fall mochte wohl auch bei 
dem Metopen- und 'l'riglyphenfriese eingetreten sein, den erst der vollendete do- 
rische Kanon wahrscheinlich nach einer Fiktion, die im Euripides wiederklingt, 
in tektonisohsstruktivem Sinne auffasste, indem er doch ilrsprlinglich mit der 
Konstruktion nichts gemein hat, sondern wahrscheinlich eine ausgezackte Bor- 
diire, einen Saum darstellt und textilen Ursprungs ist. Ich folgere daraus zu- 
gleich dass, wo die 'I'riglyphe nicht in diesem struktiven Zusammenhange, 
sondern rein dekorativ auftritt, dieses Motiv, wo_nicht in seiner älteren, 
doch sicher in seiner alterthiimlicheren Auffassung erscheint; wie z. B. 
an denn mit zu grosser Zuversicht von den Archäologen in das erste Jahrhun- 
dert vor Christus herabgesetzten kleinen Tempel zu Paestum. Eben so zeigt 
das Vorkommen des 'I'riglyphenschmucks in Verbindung mit ionischen und 
korinthischen Elementen an Gebäuden, dass bei ihrer Erbauung dieser Schmuck 
noch nicht charakteristisches Eigenthum und Wahrzeichen des dorischen Ge- 
bälks war.  
1 Man vergleiche damit den Wust alt-traditioneller Typen bei den ersten An- 
sätzen zu hellenischer mythisch-historisclner Darstellung auf ältesten Töpfen.
	        
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