Volltext: Keramik, Tektonik, Stereotomie, Metallotechnik für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 239 in den Text gedr. Holzschn. und 5 farb. Tondrucktaf. (Bd. 2)

Stereotonlie 
(Steinkonstn 
uktion). 
Tem- Im 
isch 
-Historisches. 
407 
So gibt das ferne Aegypten über die allgemeine Physis der Stein- 
zimmerei zuverlässige, soga1' durch gleichzeitige schriftliche Urkun- 
den beglaubigte Daten, während die unsere eigenen Kunsttraditionen 
so nahe betreffende Monumentalgeschichte Griechenlands fast un- 
mittelbar jenseits der Periode höchster Kunstblüthe in dichte Nebel 
gehüllt ist. Fast von keinem Monumente Siciliens und Süditaliens, 
von keinem Tempel oder sonstigen Baureste Kleinasiens besitzen, 
wir genaue Daten über Zeit und Umstände seiner Entstehung, oder 
ist seine Identität mit irgend einem Werke, Worüber sich bei den 
alten Schriftstellern etwa eine nothdürftige Notiz vorfindet, erweis- 
lich. Das Gleiche gilt von den Ueberresten griechischer Kunst in 
Hellas selbst, mit Ausnahme einiger wenigen, deren Identität mit 
den hochberühmten Werken des perikleisehen Zeitalters ausser 
allem Zweifel liegt. 1 
Schon während der schönsten Blüthe Griechenlands herrschte 
unter den Zeitgenossen über den Ursprung und die Geschichte 
ihrer Bauweisen die allergrösste Verwirrung; an Stelle bestimmter 
Daten hinterliessen sie uns meistentheils nur Fabeln, Künstler- 
novellen und spekulative Deuteleien über Erfindung und Sinn 
gewisser traditioneller Formen. 
Wir haben leider viel zu grossen W erth darauf gelegt und 
manches ernsthaft genommen, das doch bei den Alten selbst nur 
als künstlerische Fiktion Geltung hatte. 2 
1 Nicht einmal vom Theseustempel wissen wir ob er wirklich der kimo- 
nische Bau ist wofür er insgemein gehalten wird, ob er daher den attisch- 
dorisehen Stil der Zeit unmittelbar nach. den Perserkriegen mit Sicherheit zu 
erkennen gibt. 
2 S0 z. B. liebte Euripides, der von einer gewissen Klllissöllreisserqi 
nicht freizusprechen ist, seine liiilinen-Dekorältißüell nach fast müdßffler Ge- 
fiihlsweise antiquarisch zu behandeln und seinen tragischen Helden die Inter- 
pretation dieser skenographischen Spitzflndigkeiten in den Mund zu legen. 
Sind wir desshalb berechtigt, seine theatrale Fiktion eines dorischen 
Frieses, mit Fensterlucken zwischen den Trigiyphen statt der Metopen, der 
Resiiitutiün eilleß vermeintlichen'dorischen Urtempels zum Grunde zu legen, 
vorausgesetzt selbst, dass sein Text darüber richtig verstanden werden sei? 
Ausserdem war ihm diese Triglypheneinrichtung barbarisch-heroiscli, nicht 
hellenisch. 
Damit leugnen wir keineswegs zugleich den Einfluss solcher dichterisch- 
mystagogisßllell Phäütasirbilder auf die Umbildung gewisser traditioneller 
Formen, deren Ursprung und erster Sinn verloren gegangen waren und ihre
	        
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