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Zehn tes Hauptstück.
denn ganz ähnlich mussten sich die Verhältnisse überall gestaltet
haben, WO früher der gleiche Uebcrgang geschah.
Von Kyros wurde auf der Wahlstatt seines Siegs über die
Meder zu Murgaub ein königlicher Palast gebaut, nach babylonisch-
medischem Vorbild, aber mit Hinzutragung ganz neuer Motive.
Der siebengestufte Ricsenthurm, Inbegriff des babylonischen
Trotzbaus, verbleibt unter Kyros in besehcidenster Andeutung
nur als Symbol (Kyrosgrabmonument), Endet aber hierauf sein
sieghaftes Gegenbild in dem Berggipfel des Raehrned, als natür-
liches stolz-bescheidenes Herrschergrab der Dynastie des Darius,
der seine neue Burg an den Fuss desselben verlegt.
Das kühne assyrische Terrassensystem ermässigt sich, wird
aber nun in sorgfältigem Marmorquaderbau nach griechischer
Weise ausgeführt.
Kleinasiatisch-griechische Inspiration mochte vielleicht auch die
Anwendung des Marmors für den Ausbau der Palastwände und des
Säulengerüsts eingegeben haben, denn die Katastrophe der Unter-
joehung der griechischen Städte Kleinasiens durch Kyros und seine
Feldherrn fiel schon in die Zeit des geistigen Aufschwungs jener
Städte, der sich besonders in den schönen Künsten bethätigte.
Spuren einer solchen Rückwirkung der bereits aus der Barbarei
emancipirten griechischen Baukunst auf den asiatischen Baustil
sind indessen nur an den Werken des Begründers des Perserreichs
bemerkbanl Vielleicht wurde später der Gegensatz zwischen
Hellenischem und Barbarischeni schon von beiden Seiten gleich-
mässig anerkannt und bewusstvoll festgehalten; vielleicht auch
fanden ägyptische Einwirkungen statt; so z. B. würde man die
schon erwähnten grossartigen Thürgerüste und Nischen aus Stein,
mit ihren in Stege getheilten Pfosten und Stürzen, mit ihrer
Hohlkehlenbekrönung, auf Aegypten zurückzuführen versucht sein,
Wären die gleichen Formen nicht zugleich altassyrisch, altphöni-
kisch und altpelasgisch.
Wichtiger als diese Thürgeriiste und Nischen sind für die uns
1 Von der alten Königsburg des Kyrols stehen nur wenige Wauerpfosten
und eine einzelne Säule noch aufrecht. Diese ist nicht kannelirt und folgt
den ionisehen Verhältnissen. Ihre Basis ist der ionische Wulst, die spira,
mit Rundstäbehen darüber. Erst unter Darius scheinen die schlanken Säulen
von 14 Durchmesser Höhe aufgekommen zu sein.
Das Grabmal des Kyros zeigt durchaus griechische Details und griechische
Gcfiihlsweise. S. Coste u. Flandin Voy. en Perse.