Volltext: Keramik, Tektonik, Stereotomie, Metallotechnik für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 239 in den Text gedr. Holzschn. und 5 farb. Tondrucktaf. (Bd. 2)

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Neuntes 
Hauptstück. 
an dem pisistratischen Unterbau des Olympiums (8.379) ersichtlich 
ist. Dieser besteht aus einer Folge von gewölbten Gängen und ist 
aus Bruchsteinen ausgeführt, aber n1it Quadern bekleidet, deren 
Vorsprünge je einer inneren Scheidewand der Tonnengewölbe zum 
äusseren Ausdrucke dienen, also keineswegs Strebepfeiler sind 
(so wenig wie die Halhsaulen des Kolosseums und anderer römi- 
schen Werke, die Viollet Le Duc mit Unrecht dafür hält und 
von dieser Annahme ausgehend tadelt), sondern vielmehr Aus- 
läufer, Prokrossoi, Parastaten, vergleichbar mit den Balkenköpfen 
der Scherwände in den Schweizerhäusern, und in diesem Sinne 
von den Alten aufgefasst. 
Die antike Aesthetik konnte sich aus schon besprochenen 
Gründen in die Versinnlichung des Seitenschubs nicht fügen, 
sondern wusste ihn, wo er (sei es durch Erddruck, sei es durch 
das Gewölbe) unvermeidlich wird, im Werke selbst und durch 
Raumesdispositionen faktisch und formell aufzuheben. 
Veranschaulichung der absoluten Stabilität ist Grundprinzip 
dieser Aesthetik, welches sich denn auch in dem Gemäuer, WO es 
als solches auftritt, theils durch Massenwirkung (im Gesammtein- 
druck sowie in Form und Grösse der Quader) theils durch pyra- 
midalische Verjüngung der sich erhebenden Masse geltend. 
Wir nehmen diese Verjüngung an jenen phönikischen Riesenmauerif 
wahr, deren Lager in geringen Abstufungen gegen einander zurück- 
treten; Gleiches sehen wir an assyrischen Quaderfundamenten 
(Nimrud); in Aegypten hat sich die Abstufung in einen Anlauf um- 
gebildet und weit über den Bereich der Substruktion hinaus auch 
im Hochbau in sehr fassbar-realistischer Weise Geltung verschafft. 
Die Griechen folgten der phönikisch-syrischcnTradition bei 
ihren Terrassenmauern; die Substruktionen der olympischen Heilig- 
thümer zu Agrigent und zu Athen sind authentisch-alte und gross- 
artige Beispiele davon, Aber die hellenische Tempelwand neigt 
sich nach ägyptischen: Prinzip, ihr Anlauf ist jedoch so gering, 
dass sie scheinbar vertikal ist und durch dieses unmerkbare Mittel 
für das Auge nur an Selbständigkeit gewinnt. Die Mittel durch Ab- 
stufung und pyramidalische Verjüngung der Substruktionen und 
Mauern die Festigkeit eines Baues theils faktisch zu vermehren, 
thcils augenscheinlicher zu machen, behielten auch im römischen 
Baustile sowie im Mittelalter ihre Geltung, aber wurden in diesen 
Perioden der Baugeschichte nicht mit gleicher Feinheit wie von
	        
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