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zhtes
Hauptstück.
theils weil die starken Hölzer selten und theuer wurden, theils
wegen der Leichtigkeit.
Dies hatte neue künstlichere Kombinationen zur Folge und
führte zugleich zu steilerer Anlage der Dachflächen. Doch be-
hielt man für Kirchen 1 das Prinzip der Verschalung bis zum
Kehlbalken in Gewölbform bei, blieben nur die Hauptbalken und
die Hängesäulen (durch Abfasungen und allerhand Ausschnitte
verziert) sichtbar.
Aber daneben erhob sich ein noch entschiedener konstruktives
System der Kunstzimmerei, welches der allgemeinen Tendenz des
gothischen Stiles noch mehr entsprach und sein rasch sich voll-
endendes Schicksal theilte, nämlich sich in seiner eigenen Konse-
quenz und Logik zu vernichten.
Die künstliche Struktur des Daches wurde gänzlich dem Auge
bloss gelegt und natürlich, dekorativen Zwecken zulieb, sehr bald
überkünstelt; in der gleichen Weise wie auch das raflinirte
Hebel- und Federnsystem der Thürschlösser dazumal gleichen
dekorativen Zwecken diente und offen lag, zum Frommen der
Diebe und Verliebten, die so die beste Gelegenheit hatten, ihren
Vortheil zu studiren.
Die wichtigsten und interessantesten noch erhaltenen Werke
der Zilnnierei der bezeichneten dekorativen Gattung finden sich
in England, woselbst sie bis heute im Üivilbau sich erhielt oder
vielmehr wieder ihre Nachahmer fand. Doch ist die normannisch-
englische Dachzimmerei von der kontinentalen prinzipiell verschie-
den. Letztere bleibt unter allen Veränderungen, die sie durch-
macht, immer noch der Hauptsache nach dem antik-gräkoitalischen
Konstruktionssysteme getreu, insofern nämlich zwei Sparren durch
einen Balken als Zugband an ihren unteren Enden gehalten und
am Ausweichen verhindert werden.
Die normännisch-englische Dachkonstruktion ist die alt-skan-
dinavische, eine Art Schiifskonstruktion in umgekehrter Anwen-
dung auf das Dach. Nach dieser ist der Balken nicht Binder,
mit der Bestimmung, die Sparren Zllsammenzuhalten, sondern,
wo er vorkommt, ist er nur Spannriegel, um die Wände zu
spreizen und am Eingedrücktwerden zu verhindern, unter Um-
standen zugleich Deckenträger; gerade wie beim Schiffbau.
der
1 Auch der Civilbau befolgte wenigstens in Frankreich
Verschalung in Wölbform.
das
gleiche System