Volltext: Keramik, Tektonik, Stereotomie, Metallotechnik für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 239 in den Text gedr. Holzschn. und 5 farb. Tondrucktaf. (Bd. 2)

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Achtes 
Hauptstück. 
Wir können also die dekorirten Dachstühle als eine mittel- 
alterliche Erfindung betrachten, oder vielmehr als ein dem an- 
tiken Formenkreise fremdes Motiv, das während des frühen Mittel- 
alters in Aufnahme kam und sich selbst nach allen Fortschritten, 
in der Kunst des Wölbens für Anlagen des Civilbaues, für Märkte, 
Gerichtssäle, vornehmlich für Burghallen und Kapitelhäuser, noch 
bis in das späte Mittelalter und in die Neuzeit hinein in Gunst 
erhielt. 
Der älteste, noch erhaltene, auf architektonische Wirkung be- 
rechnete Dachstuhl ist meines Wissens der des bereits im 11. 
Jalirh. aufgeführten Domes von Messina, 1 dessen zum Theil noch 
arabische Details den Beweis geben, dass er der ursprüngliche 
ist und wirklich aus der Zeit der Normannen stammt. Die 
äusserst elementare Konstruktion Ward hier in jeder Beziehung 
sinnig, klar und geschmackvoll, nur durch farbiges Ornament, 
ohne Mithülfe des Schnitzwerkes, zur Kunstform umgeschaffen; 
aber trotz der scheinbar primitiven Einfachheit der Motive, die 
hier wirken, geben sie sich doch deutlich als Reduktionen des 
antiken Prinzips der Täfelung zu erkennen. 
Die doppelte Schalung über den Dachlatten Ward durch regel- 
massig in die unterste Brettlage eingeschnittene Sterne zur dop- 
pelt geneigten Lakunariendecke. Noch klarer spricht sich der 
schmale unter dem First der Sparren aufgehängte Plafondstreifen 
mit der reichen arabischen Kassatur gleichsam als Ueberrest und 
abgestutztei" Repräsentant der fehlenden antiken F elderdecke aus, 
von der man immer noch stilistisch abhängig blieb. 2 
Viel unabhängiger von dieser antiken Tradition zeigt sich der 
bekannte Dachstuhl von S. Miniato bei Florenz, der laut auf 
ihm befindlicher Inschrift urkundlich erst im Jahre 1357 ausge- 
führt wurde. 
Er bildet eine treffliehe Illustration zu dem Inhalte des 7ten 
Hauptstückes über dekorative Behandlung tektonischer Verbin- 
dungen, Wesshalb er hier nach eigener Aufnahme beifolgen maguß 
Das reine Ornament, ohne tendenziöse Zllthat, hebt sich mit be- 
"1 Vergl. die farbige Darstellung desselben von Morey, La charpente de la 
cath. de Messine. Der Verfasser war mit Morey und Goury zusammen in Sici- 
lien und nahm Theil an den Arbeiten dieser Künstler, 
2 Aehnliche noch reicher ausgestattete Daehstiihle arabisch-normannischen 
Stiles des 12. Jahrhunderts in Palermo und Monreale. 
3 Farbendruck  XVII, XVIII.
	        
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