154.
Die
mittelalterliche
Holzdecke.
Nirgends finden sich sichere Anzeichen über den antiken d. h.
griechisch- römischen Ursprung des sichtbaren Dachgespärres,
weder an Monumenten noch in den Nachrichten der Autoren.
Es stand in der That im Widerspruch mit der Monumentalität
aller übrigen Theile des Tempels und anderer Werke der stren-
gen Architektur; daher bestanden die Tempeldecken aus einem
Getäfel, das entweder ganz von der Struktur des Daches un-
abhängig war (wie die noch erhaltenen Steindecken mehrerer
Tempel), oder wenigstens das Gespärre des Daches verkleidete
und dem Auge entzog. Vielleicht dienten zuweilen die Holz-
balken des eigentlichen Tempeldaches zugleich als Dcckenträger,
oft aber befand sich zwischen der Decke und dem Dachgebalk
ein niedriger Zwischenboden, Welcher zu Zeiten als Schlupfwinkel
und geheimer Kommunicationsweg diente. 1
Auch die Basiliken waren getäfelt, wie die des Vitruv zu Fano
und die Ulpia des Trajan. Ebenso die enormen Badesäle, die
mit Plafonds aus Eisengegitter und dazwischen verbreitetem Mörtel-
gusswerk bedeckt oder auch regelrecht überwölbt Wurden. Wären
sichtbare Dachstühle üblich gewesen, man würde sie gewiss bei
öffentlichen Räumen von so ungewöhnlicher Spannweite benützt
haben.
Ob nicht vielleicht der Civilbau sie adoptirte, mag zweifelhaft
bleiben. Jedoch findet man auf Wandbildern wohl schräge Bal-
kendecken, aber meines Wissens kein Beispiel eines dekorativ
behandelten vollständigen Dachgespärres.
Auch die jetzt sichtbaren Dächer der römischen Basiliken
waren ursprünglich mit einer Kassatur bekleidet, wie diejenige
ist, welche, allerdings nach später Erneuerung, 2 sieh über das
Schiff der Sta. Maria maggiore wieein prächtiges Velum aus-
breitet.
1 Eur. Orest. 1371. Ich Hoh über die cederne Decke der Halle und durch die
dorischen TH-iglyphen. P3115311, V, ep. 20, wo die Sehmuckdecke des Hera-
teinpels dem Ziegeldachwerke entschieden gegenübertritt. {j 59 süvzgänsuz aräyn
1; 01112101560: zbv xägayov u. r. 2.. Vergl. auch Tacit. Annal. lib. IV. cp. 69.
9 Eine Stiftung Alexanders des sechsten, von Giuliano da San Gallo aus-
geführt, wahrscheinlich nach dem Vorbilde des alten Plafonds.