Volltext: Keramik, Tektonik, Stereotomie, Metallotechnik für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 239 in den Text gedr. Holzschn. und 5 farb. Tondrucktaf. (Bd. 2)

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Achtes 
Hauptstück. 
Tablinum, 1 ursprünglich eine erhöhte Bühne mit Baldachin, 
ein Parloir an der hintern Wand des Atriums, wo der Herr in der 
Geschaftszeit sass und seine Klienten empfing. 
Die alten Pläne ägyptischer Wohngebäude, wie sie auf Gräber- 
Wänden zu Beni Hassan und sonst gefunden werden, enthalten 
sämmtlich ein solches leichtkonstruirtes 'l'ablinum im Hintergrunde 
der Höfe. Dergleichen Audienzkabinette (die sogenannten Man- 
daren) sind noch jetzt in Aegypten und dem ganzen Oriente üblich. 
Die gleiche Einrichtung in der heroischen Dynastenhalle 
heisst beim Homer Mychos, eine Tribune im Hintergrunde der 
Halle, die zugleich Durchgang zum Frauenquartier bildet.  
Alles dies zeugt von einer reichen und sehr eigenthümlich 
ausgebildeten Holzarchitektur in dem Inneren der antiken 
Wohngebäude, wovon sich leider nichts erhalten hat, deren Geist 
aber aus den laompejanischen Wanddekorationen, wenn auch Ver- 
undeutlicht, zu uns spricht. 
Dazu gehört auch die Arca, der Oberlichtkasten, durch die 
Höhe des Stillicidiums bedungen, mit seinem Kranz, mit aufge- 
nagelten Terrakottasimsen, YVasserspeiern, Mutulenköpfen und 
reicher Polychromic. Dazu gehört noch das Balkenwerk des 
Daches, mit schön gegliedertem tabulatum bekleidet; das Ganze 
vervollständigt durch reiche Purpurdraperien unter der Oberlicht- 
Öffnung und die wallenden Vorhänge der Thüren, Galerieen und 
Durchgänge. 2 
Ein wunderbar reiches vielgegliedertes und doch einiges Werk, 
dessen Gesammtwirkung wir uns in der Phantasie wieder hervor- 
zaubern möchten, wobei aber die Einzelnheiten verschwimmen. 3 
1 Ad focum hieme ac frigoribus coenitabant; aestivo tempore in propa- 
tulo, rure in corte, in urbe in tablino, quod moerlianuin possnmus intelligere 
tabulis fabricatum. Varro ap. NOH- II. 
2 Es sei bei dieser Gelegenheit die Bemerkung auf S. 286 Bd. I: die in- 
terpensiva des Vitruv wären nicht eingewßßhßelte Balken. Sondern das parape- 
tasma des Oberlichts, dahin hedungen und erweitert, dass wohl die ganze an den 
Deckenbalken aufgehängte Last, ausser den Wechseln vornehmlich auch die 
an den Balken hängenden Galerieen (täblllatä) und Draperien, zu den inter- 
pensivis gehörte. Diese Belastung wurde den Säulen übertragen, wo solche 
vorhanden waren, wie bei den korinthischen Atrien und der Basilika zu 
lüuiestrum. Vitr. VI. 3. V. 1. 
3 Nicht einmal über das Wesen des Ganzen herrscht Uebereinstimmung. 
Noch immer bleibt uns die antike Kunst selbst in ihren Hauptmomenten ein 
noch zu lösendes Räthsel. Vgl. die Galiani, Ortiz, Rode, Stieglitz, Masoix, Schnei-
	        
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