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Hauptstück.
Achtes
Zusammenhang der Hetrusker mit den Bewohnern des alten Rh ä-
tiens geschlossen und in den Holzwohnungen dieser letzteren,
wie sie noch jetzt üblich sind, sogar die Vorbilder des hetruski-
sehen Tempels erkennen Wollen; die Hetrusker hatten ihre Bau-
weise aus ihren früheren Wohnsitzen in den Gebirgen Rhätiens
mit n-ach Italien hinüber getragen. Ich zweifle nicht an einem
urverwandtschaftlichen Zusammenhang der Völker, der sich auch
in der Gemeinschaft ältester Bautraditionen kundgibt, aber ich
glaube mit O. Müller, dass_der ländliche Baustil Süddeutschlands
manche seiner Eigenthümlichkeiten wohl erst dem Einflüsse spät-
italiseher Kolonisation verdanken mag. 1
Wir entnehmen noch aus einer anderen interessanten Stelle
des Vitruv, dass die Verbindung der Holzarchitektur mit dem
Steinbau noch zur Kaiserzeit selbst für monumentale Zwecke An-
wendung fand. Die von ihm erbaute und im fünften Buche sei-
nes Werks beschriebene Basilika zu Fano, deren Hauptdach von
korinthischen Steinsäulen getragen wurde, hatte ein aus mehreren
Balken zusammengefügtes, dem des toskanischen Tempels ganz
ähnliches Elaistyl. Auf diesem standen senkrecht über jeder
Säule gemauerte Postamente (pilae, eine Art dlriglyphen), nur
drei Fuss hoch, bei einer Grundfläche von vier Fuss im Quadrat.
Auf diesen lag wieder ein hölzernes Rahmenwerk aus doppelten
zweifiissigen neben einander liegenden Balken, als Lager für die
Deckenbalken mit ihrem getafelten 2 Daehstuhle. Umher lief
eine zweistöckige Gallerie, deren Zwischengebälk und Dach gleich-
falls von hölzernen Rahmen getragen wurde, die auf an den
Säulen und Wänden hervortretenden Vorsprüngen (Parastaten)
lagerten. So war diese Einrichtung und die Durchschneidung
der Säulen durch eine Zwischenetage den bereits früher bespro-
chenen Mesodmen und Hyperoöen des heroischen lllegarons und
des altitalischen Atriumß sehr ähnlich. Auch die über den Dä-
chern der Seitenschitfe zivischen den Kapitälen der Säulen des
Hauptsehiffes befindlichen Lichtöffnungen (opae) waren ein alt-
hergebrachtes grakoitalisches MOÜV-
Was aus der antiken Verbindung der Steinsäule mit dem höl-
zernen Balken- und Dachiwerke für unsere gegenwärtigen Zwecke
zu machen sei, beweist das (in dieser Beziehung wenigstens) klas-
1 Ueber diese rhätischen und helvetischen Holzbaue s. weiter unten.
2 Ueber diesen s. eine Notiz in ä. 154 über mittelalterliche Hulzdecken.