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Achtes
Hauptstück.
eingehenden Winkel, der durch den Vorsprung des Rahmens ge-
bildet wird, mit profilirten Leisten beschlägt.
Dieses ist die antike Praxis, aus der ein reiches System der
Flächendekoration hervorging, welches die monumentale Kunst
der Spätzeiten auch auf andere Stoffe übertrug. 1
In der neueren Tischlerei wird das Füllwerk theils einge-
steckt, so dass die Rahmenhölzer über beide Flächen der Fül-
lung vorspringen, theils über-geschoben, so dass die Füllung
an einer Seite vertieft ist, an der anderen über die Rahmenhölzer
vorspringt. Letztere Konstruktion ist leichter wasserdicht herzu-
stellen und bedarf nicht so starker Rahmenhölzer. Man benützt
dann die vertiefte Füllung für die dekorative Seite. Statt der
aufgesetzten Leisten oder Kehlstösse werden diese bei kleineren
Rahmen meistens angestossen, d. h. sie werden aus den Rah-
menhölzern herausgehobelt; was besonders bei äusseren der Wit-
terung ausgesetzten Füllungen seine Berechtigung hat, aber das
Rahmenholz gerade an den Stellen schwächt, Wo es dem YVerfen
des Füllholzes am thätigsten entgegenwirken soll.
Ein drittes Verfahren besteht in einer doppelten Anwendung
des Prinzips der Umrahmung, wie es bereits sehr vollständig an
dem antiken (S. 367, Bd. I) Thore der Kirche St. Cosimo e
Damiano wahrgenommen wird: ein profilirter übergeschobener
Rahmen bildet die Vermittlung zwischen dem eigentlichen äusseren
Rahmen und der Füllung. So bleibt der Hauptrahxnen unge-
schwächt und es lassen sich kräftigste Profilirungen ausführen,
die nicht blos aufgesetzt, sondern mit der Konstruktion
Eins sind.
Bei diesen und allen anderen Holzkombinationen ist den natür-
liehen und im Verkehre üblichen Dimensionen des rohen Mate-
rials möglichste Rechnung zu tragen.
1 Die Griechen, wie die Aegypter, kannten nur glatte oder vertiefte
Füllungen. Ihre Bautischlerarbeit Wal" Sehr einfach, fast roh, die Fül-
lungen waren nur eingezapft, die vertieften Ränder mit aufgenietheten Kehl-
stössen umrahmt. So sind an dem öfter citirten Sarkophag aus Pantikapea
alle Kehlstösse aufgesetzt; überhaupt bewährt sich das älteste Prinzip der
Konstruktionsbekleidung an allen Theilen dieses Tischlerwerks aus wahrschein-
lich alexandrinischer Zeit.
Dagegen erkennt man an den beiden römischen im ersten Bande, S. 367
bis 368 mitgetheilten Thoren aus Gussmetall schon die fortgeschrittene der
unsrigen durchaus entsprechende Praxis der Tischlerei.