'J'ekt0nik.
Technisch-Historiscbes.
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Ein zweiter Mangel des Holzes besteht in -der fasrigen Be-
schaffenheit seiner nicht homogenen Substanz, die keine Festigkeit
mehr bietet, wenn ihre Fasern ungeschickt durchschnitten und
sie dabei in gewisser ungünstiger Weise den Eindrücken ausserer
Kräfte ausgesetzt sind.
Nichtbeachtung dieses Umstandes macht sich am meisten in
d_er modernen Möbeltischlerei bemerkbar, die, in missverstandener
Nachahmung besserer Vorbilder, keinen Anstand nimmt, ihre
übermässig geschweiften Stuhlfüsse, Stuhllehnen und dergl. aus
Brettern meistens grobjährigen und klüftig spröden (fremden)
Holzes zu schneiden, anstatt dazu, wie früher geschah, krumm-
gewachsene oder künstlich gebogene volle junge Stäbe zu neh-
men. Die in dieser Art Stabkonstruktion sehr geschickten alten
Aegypter hinterliessen uns in ihren zum 'l'heil noch vollständig
erhaltenenHausgeräthen, Sesseln, Stühlen, Tischen, die besten Vor-
bilder, nicht grade zur Nachahmung, aber doch zum Stilstudium,
bessere Vorbilder selbst als die Weniger folgerichtigen, obschon
edleren gräko-italisehen Stabkonstruktionen, die Diphroi und
Thronoi mit überkühn geschweiften Rückenlehnen und Füssen.
Auch sogar bei den Chinesen haben wir in die Schule zu
gehen! Es gibt kein halbcivilisirtes oder wildes Volk der alten
und neuen Welt das in seinem einfachen Hausrath nicht richti-
gen Takt, Stilsinn und selbst Geschmack offenbarte, aber wir
Meister der Natur! sind dahin gelangt Sparmethoden und Ma-
schinen zu erfinden, um Vorbilder älterer Kunstperioden, deren
Ausführung damals liebevollste Sorgfalt des Einzelnen in An-
Fragmente griechischer Tischlerarbeit aus Pentikapea, der besten Zeit ange-
hürig. obschon aus dem edelsten Cypressenholz, dennoch mit Malerei ganz
überdeckt allerdings mit sehr vortrefflichen So die tuskischen und römi-
schen llolzwerke und, nach Tacitus. die Hütten der alten Deutschen; So
die byzantinischen und altnordischen Holzkenstruktionen. So die slawischen
am tüllenzer See von deren bunter Malerei und Vergoldung wir Kunde haben,
So sind die indischen, maurischen, tartarischen und chinesischen Holzwerke
über und über farbig bemalt. Das Mittelalter, selbst die erste Friihrenais-
SMICC, fßlgten dem gleichen Systeme. Eiehene Decken wurden erst mit der
Reife des Renaissancestils allgemeiner, jedoch mit vorherrschenden farbigen
Filnlmgen- (VeTgl. die Farbendriicke zu diesem Hauptstück.) Dahl, Denk-
male einer ausgebildeten Holzbaukunst aus den frühesten Jahrhunderten in
Norwegen. Drittes Heft. 'I'ab. VIII und 'l"ext dazu. Stiirler und Graden-
ried, architecturc Suisse. Gaillhabaud und viele andre WVerke.)