Volltext: Keramik, Tektonik, Stereotomie, Metallotechnik für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 239 in den Text gedr. Holzschn. und 5 farb. Tondrucktaf. (Bd. 2)

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Hauptstück. 
Siebenter; 
Stabstrukturen gelangten im Geräthewesen wie in der Baukunst 
zu hoher typisch-dekorativer Bedeutung; ihr symbolischer Sinn 
ist zwar von ihrer struktiven Entstehung abzuleiten, sie werden 
aber auch in freier Anwendung reine Typen und sinnbildliche 
Träger gewisser formal-ästhetischer Begriffe. 1 
Sie sind in" jedem Stile anerkannt und ihrer formalen Idee 
nach dieselben, wenn auch sonst noch so verschieden; überall 
sind sie die am meisten geschmückten Theile des Werkes und die 
wahren Centralpunkte ornamentaler Ausstattung, weil der rich- 
tige künstlerische Takt ihre hohe zwecklieh-struktive Bedeutung 
und den reichhaltigen Sinn, den sie in sich tragen, erkennt oder 
doch ahnt. Es ist daher nothwendig, auf diesen Sinn hier etwas 
einzugehen. 
Zuerst bilden sie Vorsprünge und zwar Vorsprünge, die 
einem inneren struktiven Systeme, das in ihnen endigt 
oder ausläuft, angehören, daher unverrückbare feste Vorsprünge. 
Dieser Anklang eines inneren Zusammenhangs verstärkt den Aus- 
druck z. B. eines die Deckplatte des Simmses tragenden Mutulen- 
kranzes. Als Vorsprünge dieser Art hiessen sie bei den Griechen 
Prokrossoi (oder auch einfach Krossoi), Probolai, lat. proceres. 
Herodot sagt von einem ehernen Mischgeschirr, "die Prokrossoi 
rings herum waren Greifsköpfef" 
Wenn der Zusammenhang mit einem wirklichen oder nur ge- 
dachten inneren Pegma den Vorsprüngen den Charakter unverrück- 
barer fester Lage ertheilt, so dienen diese auch umgekehrt wieder 
in den Künsten als Ergänzungsformen für ersteres, als Ausläufer, 
Akroterien und Riehtungssymbole (Beispiele die Möbel auf S. 379 
des ersten Bandes), oder , in eurhythmischer Kranzreihung, 
gleichsam als Bordüre und als Vermittler einer in sieh abge- 
schlossenen Form mit dem Aussen. Daher sind Krossoi, gleich- 
1 Eine nüchterne und unkünstlerische Anschauung will derartige Symbole 
mit streng struktiver Konsequenz angewandt wissen. oder ihr traditionelles 
Vorkommen, z. B. an den antiken Gebälken, aus einem wirklichen (ehe. 
maligen oder gegenwärtigen) Konstruktionssysteme der Dächer- und Balken- 
(leeken der Tempel bis ins Einzelne folgerichtig erklären. Bötticher in seiner 
Tektonik der Hellenen bekämpft diese hausbackene Anschanungsweise ohne 
selbst ganz von ihr emanzipirt zu sein. Er widerlegt z. B. Vitruvs Theorie von 
der Entstehung der Sparrenköpfe nur mit ihrem Mangel an Folgerichtigkeit. 
(Tektonik Bd, II. S. 83.) 
2 Herod. IV. 152.
	        
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