Tektonik.
Allgemein-Formelläs.
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dem Analogon des Spitzbogensystems, mit Anwendung der aus
diesem hervorgegangenen dekorativen Formen. Wundervoll wusste
auch dieses reiche Thema die geistvolle Zeit der Renaissance zu
bemeistern.
Für die Gegenwart, die dem iGitterwerke, freilich erst nur in
rein technisch-mechanischer Weise, eine viel grössere Bedeutung
beilegt als jemals früher der Fall war, indem sie dasselbe gradezu
zum Grundprinzipe der Konstruktion erhebt, gewinnen Stilstudien
auf diesem Gebiete die grösste Wichtigkeit (S. unter Metalle-
technik: das Schmieden).
Von dem Gesehränk oder Gitter gelten die bereits bekannten
Gesetze der aufrechten Entwicklung, je nachdem es als vertikale
Wand oder als horizontale Fläche in Anwendung kommt (Vergl.
Band 1,8 und folgende bis incl. 17. Desgleichen oben
s. 133 und g. 134).
Das am reichsten entwickelte horizontale dekorative Gitterwerk
und ein Muster stilgereehter Durchführung für alle Jahrhunderte
ist die (freischwebende) Stroterendeeke der griechischen Tem-
pelhallen. 1
Für Fälle, wenn Gitter oder Geschränke schräg ansteigen oder
gebogen, mithin weder als horizontale noch als vertikale Flächen
zu betrachten sind, geräth der architektonische Sinn ungefähr in
dieselbe Verlegenheit wie die Natur mit ihren vegetabilischen Ge-
bilden, bei denen die Vertikalität mit der Eurhythmie in Konflikt
geräth (siehe Prolegomena S. XXXII). Er sucht Vermittlungs-
wege, um dem Gesetze allseitig zu genügen. Die Lakunariendecke
der Pantheonskuppel zu Rom bietet ein merkwürdiges und sehr
belehrendes Beispiel, wie sich der Stilsinn in solchen Fällen zu
helfen weiss.
Oft wird dem Gesehränk eine besondere Umrahmung zu Theil,
deren stilistische Behandlung wir bereits kennen. In diesem Falle
bildet jenes die Füllung des Rahmens, aber eine aktive Fül-
lung, deren Aktivismus im struktursymbolisehen Sinne sich aus-
drücken soll.
Die struktive Thätigkeit des Gesehränks wirkt sogar noch
Über die Grenzen des Rahmens hinaus und nach aussen, wenn
die Spitzen oder Ausläufer der stabförmigen Elemente des Restes
die GPCIIZCU des Rahmens überkragen. Diese Ausläufer der
1 Siehe die Farbendrüeke Taf. I und VI des ersten Bandes.