Tektonik.
Allgemein-Formelles.
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bar Vorhandene und Repräsentirte, Wobei sie ihre Mittel zwar der
Realität ablauscht, aber von Nachahmung und gleichsam Wortge-
treuer knechtiseher Uebersetzung des Motives (etwa aus dem höf-
zernen Balken-Schema in den Steinstil) so wenig wie von strenger
Folgeliehtigkeit etwas weiss, sondern an dem abstrakt-formalen
Begriffe festhält, und diesen in dekorativer Symbolik gleichsam
spielend wiedergibt, dabei nur ästhetische Konsequenz erstrebt.
Es bleibt zweifelhaft 0b und in welcher Ausdehnung die Grie-
chen und Römer den Dreiecksverband des inneren Daehgerüstes
künstlerisch verwertheten. Vitruv's Beschreibung des toskanisehen
Atriums entspricht den sehräganlaufenden und mit gemaltem
Sparrwerk dekorirten Plafonds einiger tuskiseher Gräber. Auch
auf antiken Wandgemälden sieht man mitunter gemalte Sparre n-
decken.
Doch lässt sich weder aus den Autoren noch sonst der an-
tike Ursprung der dekorativen Schaustellung des vollständigen
Balkengespärres nachweisen , vielmehr blieb die Holztäfe-
lung, 1 womit man die Balken bekleidete und ihre Zwischenräume
ausfüllte (das Lakunar), übliches und vielleicht ausnahmslos be-
folgtes monumentales Deekenmotiv. 2
in ihren Theilen.
Dreieckseinrahmung
Die vertikale
Die Gegensätze der Füllung und des Rahmens sind schon oben
hinreichend hervorgehoben worden. Den Rahmen soll die Füllung
niemals verstärken, denn diese ist der struktiven Idee nach gar
nicht vorhanden; ersterer soll Fir das Auge vollständig in
sich fest sein, letztere soll als vertieftes Feld zurücktreten, ent-
weder faktiseh, oder scheinbar, mit Hülfe der Farbe, oder am
besten durch beide Mittel zugleich; wobei man im Allgemeinen
für die Struktur helle und positive, für das Füllwerk luftige und
neutrale (bläuliehte) Töne zu wählen hat. Auf dem neutralen
Hintergrunde heben sich die füllenden von der Struktur unab-
1 Das tahulatum und opus intestinum, das auch von Vitruv bei den Amen
erwähnt wird. (Siehe unten unter dem Hauptstück Technisch-Historisches.)
2 Nach einer wenigste ns unsichern Interpretation der Stelle des Vitruv
über die Basilika von Fano (lib. V. cap. II) hat man diese mit freier Balken-
decke und sichtbarem Dachstuhle zu restaurireu versucht. Vitruv spricht
nur von der äusseren Wirkung des eigenthümlichen Bedachllngssystems, das
er bei diesem Bauwerke anwaudte, und das sich äusserlich durch zwei
einander überragende Fastigien aussprach.
Semper, Stil H. 28