216
Siebentes
Hauptstück.
der fortlaufenden horizontalen des Simmses beiderseitig aufgenom-
men werde, wie diess bei den Giebeln der römischen Thermen
der Fall ist, sei es durch die Vermittlung von Imposten oder
horizontalen Kämpfern, worauf die steigenden Schenkel sich auf-
Giebel.
Römische Thermen.
setzen, die jedoch, meiner Ansicht nach, stets eine ungenügende
Lösung der gedachten Schwierigkeit bieten. Man findet sie nicht
selten an romanischen Giebeln.
An sehr steilen (gothischen) Giebeln vermisst das ästhetische
Gefühl nicht mehr das sichtbare Hervortreten der horizontalen
Gegenwirkung gegen den Schub, dagegen bedürfen die steigenden
Schenkel hier eines vertikalen Stützpunktes, den sie durch phane
tastisch-geformtc Träger (lllauervorsprünge, Tragsteine oder so-
genannte Possen) erhalten.
Auch das sehr fiache Giebeldach bedarf nicht nothwendig des
horizontalen Verbandes; aber das Auge will für diesen Fall die
aufsteigenden Daeheinfassungen nach ihrer Länge mehrfach von
Trägern vertikal unterstützt sehen.
Diese unvollständige Form des Fastigiums scheint in der antiken
griechischen und römischen (auch ägyptischen) Civilbaukunst sehr
häufige Anwendung gefunden zu haben, sie zeigt sich auf Pompe-
janischen Wandgemälden und in gleicher Weise noch heute an
den mittel- und süditalischen Landhäusern. Aehnliches bieten
die bekannten schweizerischen, tyroler und steirischen Bauern-
häuser, in denen vielleicht ein ältester Typus gräko-italischen
Baustiles sich erhielt. 1
Der Giebel, oder das Blastigium, ist nur der äusserlich sicht-
bare Repräsentant, sozusagen der Chorführer (Hegemon), einer
Reihe gleicher struktiver Dreiecke, die das Gerüst des Daches
bilden. Die Kunst erstrebt hier und in ähnlichen Fällen einen
äusseren ästhetiseh-fassbaren Hinweis auf das unsicht"
unter
152.