Tektonik.
Allgemein-Formelles.
215
als
vertikale Dreiecksumrahmung
Die
betrachtet.
Ganzes
Betrachtet man diese Rahmenform als Ganzes (ohne zunächst
das Verhalten ihrer Theile zu einander zu berücksichtigen), so
wirkt sie verschieden je nach den Verhältnissen ihrer Höhe zur
Breite der Basis. Soll der Begriff des Aufrechten sich nachdrück-
lich aussprechen, so ist das Verhältniss der Basis zur Höhe zu
beschränken. Dieses wird noch nothwendiger, wenn die Form zu-
gleich als Stütze dient, wie z. B. an gewissen ägyptischen und
vorhellenischen Ueberdachungen der Mauerödnungen der Fall ist,
die älteste Beispiele steinerne r Tektonik geben und in vielen
Beziehungen für unser gegenwärtiges Thema interessant sind. 1
Hohe Verhältnisse eines Rahmens, der nicht trägt, sondern nur
abschliesst, sind daher sinnig dadurch in ihren Verhältnissen mo-
tivirt, wenn man ihre Spitze mit, für den ästhetischen Sinn ge-
nügenden, Auf s ät z en belastet. Das hoehragende tuskisch-römische
Fastigium bedarf dieser Korrektur, bedarf der Quadrigen oder
sonstiger erhabener Firstbekrönungen zu seiner Vervollständigung;
das flach abfallende griechisch-dorischc trägt auf seiner Spitze nur
als leichtes Akroterion einen Pflanzenschmuck, oder auch eine
geflügelte (daher gewichtlose) Nike, wie an dem Tempel des
Jupiter zu Olympia, als Abschluss und Richtungssymbol, aber
nicht als Aufsatz. Die Korrektur dieses anderen Extrems in
der Anwendung des Dreiecks als aufrechtes tektonisches Rahmen-
werk beruht nicht in dem Aufsatze der Spitze, sondern vielmehr
in einer für den ästhetischen Sinn genügenden Verknüpfung und
Belastung der Schenkel an ihren Enden, die auszugleiten drohen,
wo sie die Sehne des Dreiecks treffen. Die Seitenakroterien des
dorisehen Fastigiums sind daher höher, oder doch widerständlicher,
als das der Mitte.
Im Allgemeinen gilt bei der Wahl der Verhältnisse zwischen
Höhe und Breite dreieckiger aufrechter Rahmen das schon S. 31
des ersten Bandes bei ähnlichen Betrachtungen berührte Prinzip
der Ents chiedenh eit. Bei stark steigenden Dreiecksverbänden
gestattet die Aesthetik (wie die Statik) die Unterdrückung der
horizontalen, die Schenkel verknüpfenden, Sehne; aber eine An-
deutung dem Schuhe widerstehender horizontaler Kraft bleibt da-
bei immer nothwendig, sei es dass die schräge Giebellinie von
1 Siehe das Thor von Mykene auf Holzschnitt 2ider Stereotomie.