Keramik.
Techniseh- Historisches.
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sernen Flachgefasse der Alten scheinen geformt zu sein. Charak-
teristisch für sie ist das Prinzip des Riefens und Buekelns ihrer
Oberflächen, oder von Theilen derselben. Innerlich und selbst
äusserlich, an ihren glatten Theilen, sind sie zumeist auf dem
Schleifrade abgedrechselt und zu beiden Seiten oder wenigstens
innerlich blind gelassen. (Beispiele Fig. 3 und 4 auf Tal). XVI,
aus der ant. Sammlung zu Zürich.)
Die geformten Ornamente der alten Gefasse sind absicht-
lich rundlich gehalten, wir dagegen suchen auf Schnaps-
und Biergläsern, ja selbst auf Luxusgefässen, Terrinen und dergl.
durch das Formen die scharfen Kanten und Facettirungen, die
dem Schleifstil angehören, nachzubilden. Eine sehr verwerfliche
Stillosigkeit! Zumeist wird das Eindrücken der Masse in die
Formen mit Beihülfe der Glasmacherpfeife bewerkstelligt, die uns
jetzt beschäftigen soll.
Das
Gestalten
mit Hülfe der Pfeife.
Die vornehmsten und reichsten geblasenen Glasgefässe der
Alten sind ihrer Form nach keramisch, d. h. Nachahmungen
irdener Amphoren, Oenochoen, Urnen , Schalen und a. m. Nur
bei gemeinen Gläsern, sogenannten Thräneniläschchen, Ampullen,
Aryballen, Salbgefässen und dergl. entspricht die Form dem form-
gebenden Prinzip, das hier "obwaltet. 1 Sie sind nicht Rotations-
körper, sondern Glasblasen, denn sie gingen nicht aus der Töpfer-
scheibe, sondern aus der einfachen pneumatischen Maschine, der
Pfeife, hervor, sie bewahren diesen Typus selbst unter allen Ein-
flüssen zirveeklicher Bestimmung und der sonstigen technischen
Proceduren, die bei ihrer Formgebung als Faktoren mitwirkten,
die, weil sie ebenfalls den Eigenschaften des erweiehten Glases
entsprechen, die Charakterverschiedenheiten innerhalb des allge-
meinen Typus meistens bedingen. Der allgemeinste Typus ist,
wie gesagt, die sphäroidische Glasblase.
Die formgebende Kraft, der innere Luftdruck auf die weiche
und zähe Masse, bedarf, um zu wirken, nur einer sehr kleinen
Üeffnllng. Daher sind Engm iindigkeit, dabei Wegen der leich-
ten Dehnbarkeit des Glases, in welcher Eigenschaft es alle Bild-
stoffe übertrifft, nach Umständen Enghalsigkeit, Langhal-
Sigkeit, überhaupt Gestrecktheit charakteristisch für Gefässe
1 Außll hier bßStäiigt sich die allgemeine Erfahrung, dass der naive Volks-
sinn sich über die Gesetzlichkeit der Formgebung am wenigsten beirren lässt.