Keramik.
'l'echmisch-Historisches.
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deren, nämlich der folgenden Procedur gemacht sind. Man ordnet
so viele Stäbe 1 als zu der Kombination gehören im Kranze um
die innere Wand eines hohlen llletallcylinders, dessen Umfang
übrigens der Anzahl der Stäbe und der Grösse des Gegenstandes,
der gebildet werden soll, entsprechen muss. Ein Wenig weichen
Thon's erhält die Stäbe in ihrer Lage. Der Cylindei- wird erhitzt
und, Wenn die Stäbe den nöthigen Hitzegrad haben um vom
heissen Glase, ohne zu springen, berührt werden zu können, wird
mit Hülfe der Pfeife ein Üylinder farblosen Glases in den innern
Raum des Stabkranzes hineingeführt und durch Blasen mit letz-
terem in Eins verbunden, so dass das Ganze aus dem Metall-
cylinder herausgezogen werden kann? Nach verschiedenen anderen
Operationen, deren detaillirte Beschreibung nicht hierher gehört,
wird der unten offene Cylinder crweichten Glases mit Hülfe einer
Zange zusammengekniden und der Zipfel gedreht, so dass in
diesem Punkte alle Fäden und Muster der Stäbe zusammenlaufen.
Nach diesem lässt sich die glasige Masse nach den üblichen Pro-
ceduren beliebig zu Schalen, Gläsern, Flaschen u. s. w. gestalten,
Wobei aber das Gesetz des radialen Zusammenlaufcns
aller Filigranfäden nach einem Concentrationspunkte
(der durch die oben bezeichnete Zangenoperation bestimmt wurde
und den der Pfeifcnmündung entgegengesetzten Pol der Glasblase
bildet) unabänderlich vorherrscht. 3 So mannigfaltig auch die
Üombinationen sein mögen, die dieses moderne Verfahren ge-
stattet, lso lässt sich doch mit seiner Hülfe keines der antiken
Eliligrangläser, so viele deren mir wenigstens zu Gesichte kamen,
nachbilden.
Dieser Unterschied antiker und moderner Filigranglasbereitung
1 Es treten oft 25 bis zu 40 Stäbe. zu einer einzigen Kombination zu-
Sarnmen.
2) Hier muss ich bemerken, dass in meiner Gegenwart und für mich in
einer Glasusine der Insel Murano Filigrangefässe von ziemlicher Grösse und
komplicirter Zeichnung nach einer viel einfacheren Procedur, ohne Hülfe der
hohlen Metallform, gemacht wurden. Man ordnete die Glasstäbe auf einem
heissen Metallnnterlager der Reihe nach neben einander und rollte das heisse
Ende der Pfeife über dieses Lager von Stäben langsam hin, so das sie in dichter
Reihung und gleicher Richtung mit der Längenaxe des Rohrs an letzteres an-
klebten. Hierauf schweisste man im Ofen die Stäbe an einander, kniff den so
erzeugten Glascylinder unten zusammen und blies das Gefass daraus.
3) Vergl. Holzschnitt auf nächster Seite Fig. 2 (Filigranvase aus der ehe-
maligen collection Dubruge).
Sempcr, sann. 26