Volltext: Keramik, Tektonik, Stereotomie, Metallotechnik für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 239 in den Text gedr. Holzschn. und 5 farb. Tondrucktaf. (Bd. 2)

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Sechstes 
Hauptstück. 
Das sogenannte Filigranglas, von dem wir hier sprechen, be- 
steht in einer rhythmisch geregelten Zusammenordnung einer ge- 
wissen Anzahl gesponnener Glasstäbchen von cylindrischem 3-6 
Millimeter dickem Durchschnitt, von denen einige opak weiss, 
andere farbig, andere selbst schon in sich iiligranartig gemustert 
sind, die durch ähnliche Stäbchen aus farblosem durchsich- 
tigem Glase in regehnässigen Zwischenräumen getrennt gehalten 
werden. Ist dieser Stabbündel nach der dekorativen Idee des 
Glaskiinstlers zu einem Muster geordnet, so wird er durch die 
Hitze in eine Masse vereinigt, wobei die Stabelemente Lage und 
Form behalten. In der Erweichung lässt sich der Stabbündel zu 
beliebiger Dünne ausspinnen, wobei durch drehende Bewegungen 
seine inneren Theile nach bestimmter Gesetzlichkeit verschoben 
werden können, Welche letztere dann in den spiralischen Win- 
dungen der farbigen in dem durchsichtigen Glase gleicham schwim- 
menden Fadenelemente sich ausspricht und formal {ixirt erscheint. 1 
Drückt man den erweichten Stabbiindel platt, so erhält man 
ein Bandmuster, worauf sich die Gesetze der Coordination der 
Stabelemente und der ihnen ertheilten spiralen Bewegungen wie- 
der in anders modilieirter Weise aussprechen. Diese Platten kön- 
nen dann, nachdem sie entweder der Lange oder der Quere? 
nach um die Mündung des Glaserrohrs gelöthet und zu einer 
Glasblase 3 geformt sind, zu Gefässen ausgeblasen werden. Auch 
lassen sie sich als Elemente von Mosaiken mit anderen zusammen- 
schweissen4 und sonst nach dem Genius des Glaskünstlers auf 
das Mannichfachste verwerthen.  
Die Alten scheinen ihre Iüligrangläser zumeist auf diese Weise, 
nämlich aus Glasflächen , gebildet zu haben, 5 wodurch letztere 
sich von den venezianischen unterscheiden, die nach einer an- 
l Die Bündel werden vor dem Ausspinnen in farbloses Glas getaucht 
wodurch sie eine diinne unsichtbare Decke erhalten. 
2 Eine geneigte Richtung würde wieder andere Combinationen hervor- 
bringen. 
3 Unter Glasblase wird hier der rundliche innerlich mit einer Höhlung 
versehene Glasklnmpen verstanden, der an der Mündung der Pfeife gleichsam 
den Embryo bildet, woraus der Glaskiinstler durch Blasen und. mit Hiilfe 
anderer Manipulationen ein Gefass oder irgend eine andere Form hervorbringt. 
Der französische Kunstausdruck dafür ist paraisonv 
4 Wie das Brilchstüek 11 auf Tab. XVI zeigt. 
5 Siehe Fig. 7 der Tab. XVI.
	        
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