Kerax
nik.
Üfechnisch-Historisches.
191
der mit dem YVerkzeug bewaffneten Hand, zweitens äusscrste
Veiwerthung der Eigenschaften des harten Stoffs, gewagteste und
leichteste Formgebung. Erhöhung des imaginären Werthes durch
die Schwierigkeit der Behandlung und die Zerbreehliehkeit des
kostbaren Kunstwerks. 1
Das erstgenannte Stilprinzip (welches das ägyptische genannt
werden darf, da es gleichsam die technologische Basis des Stils der
gesammten ägyptischen Skulptur bildet) behält in gewissem Grade
für jeden harten Stoff, also auch für das opake und farbige Glas,
als Gemme, seine Gültigkeit, aber für das durchsichtige,
luftige, so zu sagen körperlose Glas begreift man ein Hin-
neigen der Kunst nach dem entgegengesetzten Prinzipe.
Letzterem entsprechen schon in gewissem Sinne die mit leich-
tem Glasnetzwerk umsponnenen Praehtgläser (Diatreta) aus ale-
xandrinischer und römischer Zeit, jene ealiees audaces, die so
oft zerbrachen, wenn der Künstler das letzte Rad an sie setzen
wollte oder wenn der dienende Knabe sie zu fest hielt, in der
Angst sie fallen zu lassen. 2
Aber diese antiken Gefässe sind doch nur wegen ihrer Glas-
gespinnste dem zweiten waghalsigen Stile angehörig, der Gesammt-
form nach sind sie, wie alle antiken Vasen aus harten Steinen
und aus Glas, kompakt, einfach, widerstandlich.
Nachdem die Glyptik, d. h. die Kunst in harten Steinen und
Glas Figuren und Ornamente zu graviren, entweder hohl (in-
taglio) oder erhaben (eetypa sealptura, Camaieu, Cameo), während
1 Die Befürchtung des 'l'iberius, als könnte die Erfindung eines biegsamen
und im kalten Zustande hämnierbaren Glases zu einer socialen Revolution
führen, indem es den Wertli des Goldes herabsetzte, war gewiss sehr thöriclit.
2 Martial. XIV. 94. ibid. 111. ibid. 115. Winkelmann beschreibt eine
Schale von schillernder Farbe mit einem blauen Netz überzogen und mit. einer
Inschrift. die im Jahre 1725 im Novaresischen aufgefunden worden war. Das
Netz ist mit feinen blauen Stäbchen an den Kern befestigt. "Zuverlässig sind
an dieser Schale weder die Buchstaben noch das Netz auf irgend eine Weise
aufgelöthet, sondern das Ganze ist mit dem Bade aus einer festen Masse
Glases auf dieselbe Weise wie bei den Kameen gearbeitet. Die Spuren des
Rades nimmt man noch (leutlich wahr." Ein ähnliches Gefäss, weiss mit Pur-
purnetzwerk umsponnen, ward bei Strassburg gefunden. Minutoli S. 6. Ein
Bruchstück eines solchen ist in Wien. Vde. Arneth. Vielleicht gehörte auch
das auf Tab. XVI der Tondriicke unter 14 dargestellte Bruclistüuk einem sol-
chen Diatreton an.