Keramik.
'I'echnisch-l:listoriscl1es.
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konturnirten schweren Fayenee, mit blauweisscrl Decke und
grossblumig bunter Dekoration. Dieselbe hat eigentlich nur der
Ersparung des Kalibers ihren Ursprung zu verdanken, indem die
weichen und dicken Formen allerdings dem einfacheren und
billigeren Processe des Mouläge a la eroüte 2 mehr entsprechen.
Ueberhaupt beschränkt sich die Erfindung, von deren Rast-
losigkeit ich sprach, doch eigentlich nur auf das stets neu auf-
tretende Suchen nach leicht ausführbaren mechanischen Mitteln,
wo doch fast unbegrenzte Mannichfaltigkeit der dekorativen Aus-
stattung geboten ist; denn alle Proceduren plastischer und far-
biger Dekoration finden bei der feinen Fayence Anwendung;
sie bietet in dieser Beziehung weit dankbareren Stoff als das
achte Porzellan und so viele andere Erfindungen, durch welche
die feine Fayence aus der eigentlichen Kunsttöpferei verdrängt
wurde, der sie doch mit vollstem Rechte angehört.
Es mag hier zur Bestätigung des Gesagten eine kurze Uebcr-
sieht der dekorativen Mittel, die bei der feinen Fayencc und über-
haupt bei der Töpferei in Betracht kommen, folgen.
Farbige" Paste.
Nach Brongniart werden für feine Fayencc nur Braunroth,
Schwarz und Gelb angewandt. Der Grund, warum andere Nuan-
cen, z. B. das so ausgezeichnete Prasinum, das helle Apfelgrün,
welches an chinesischem Porzellangesehirr so sehr wohlthuend
wirkt, nicht anwendbar seien, wird nicht näher von ihm be-
zeichnet. 3
Färbung der Oberfläche unter der
Glasur.
Deckhaut (engobage).
Durch
Dieses Mittel ist der feinen Fayence gleichsam eigenthümlich
und mit ihrer Geschichte eng verknüpft oben). Es lässt sich
im malerischen und auch im plastischen Sinne verwerthen, ja die
1 Ueber die vermeintlichen Verbesserungen der Massen und Glasuren durch
Erkünstelung eines blaulichen Weiss und das Vertilgen jeder Erinnerung an
den Naturton der Stoffe war schon früher (Band I. S. 203 ff. und sonst) die Rede.
Weiteres darüber unter Porzellan.
2 Vde. Brongniart I, p. 137.
3 Die farbigen Pasten aus der Manufaktur zu Saargemiind sind von aus-
gezeichneter Güte. Brongniart beschreibt diese Waare Bd. II. S. 140.