Keramik.
Technisch-Historisches.
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gewandt, vielleicht orientalisches Fabrikat. In Frankreich fand
der Baron Taylor in Gräbern der alten Abtei Jumieges die älte-
sten bekannten bleiglasirten Töpferwaaren des Nordens (12. Jahr-
hundert), wodurch die gewöhnliche Annahme, dass ein Töpfer
aus Schlettstadt im Elsass (lieselbe erst in: 13. Jahrhundert er-
funden habe, widerlegt wäre.
Die Anwendung dieser Procedur in der eigentlichen Kunst-
töpferei scheint im Mittelalter sehr beschränkt gewesen zu sein,
wenigstens sind Ueberreste davon selten; sie gehen, wie ich
glaube, nicht über den Anfang des 15. Jahrhunderts hinaus.
Eine um so glänzendere Stelle nahm sie ein im Dienste der Bau-
kunst, wie bereitsangeführt worden ist.
Das Charakteristische dieser Erzeugnisse sind die poröse,
opake und gefärbte ziemlich m ürbe Masse, sodann die dicke,
durchsichtige, ziemlich weiche, glänzende und farbige
Glasur, womit erstere bedeckt ist. Sie bedürfen keines starken
Feuers, weder zum Brennen noch zum Glasiren, welcher Umstand
ihre Fabrikation erleichtert und auch in stilistischer Beziehung
wichtig ist, indem die Mittel der formalen Ausstattung dadurch
an Umfang gewinnen; aber die Glasur ist dick, wodurch diese
Mittel wieder beschränkt werden.
Die Schwierigkeit der Anwendung mehrtarbiger Glasuren führte
auf die plastische Dekoration dieser Art Töpferei; in der That
sind die meisten alten glasirten Töpferwer-ke plastisch verziert
und mit dunkler, meistens grüner Glasur gleichmässig überzogen.
Doch benütztc man auch mit Geschick und Glück den Wechsel
verschiedenfarbiger Glasuren (Brongniart II. S; 14). Plastisch deko-
rirte Ofenkacheln waren schon im 13. Jahrh. üblich. ' (Schloss
Saleve bei Genf.)
Hauptsitze dieser ArtTöpferei waren vom 14. bis ins 17.
Jahrhundert hinein das südliche und mittlere Deutschland, beson-
ders Bayern und Franken, in welchenLändern sie noch jetzt am
1 Die beistehenden Ofenkacheixi (14. Jahrh-f wurden kürzlich in dem
Grunda des alten Salzhauses am Grossmünstei- zu Zürich gefundeq. Ungefähr
dieser Zeit gehört auch ein schöner Ofen aus glasirten plastisch verzierten
Küche]! l den ich zu Meran im alten Siammschlosse Tyrol zeichnete und der
beigefügt werden mag, obschon er als Ganzes mehr in die Abtheilung Maurerei
gehört.
Semper,