Keramik.
Technisch-Historisches.
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Kunst, das Darüberhinausgchen, nachdem es erreicht wor
den war.
In der Frühzeit der hellenischen 'l'öpf'erei sind die Formen
noch halb archaisch, die Bildmasse, die Töpferscheibe, die Proce-
duren des Malens und Glasirens beengen noch den Willen des
Töpfers; die Metallotechnik findet noch unmittelbare stilistische
Nachahmung, barbarische Ueberlieferungen oder Einflüsse machen
sich noch geltend. Aber im Verhältniss gegen die archaischen
zeigt sich mehr Mannichfaltigkeit und vor allem mehr homogener
Schwung der Formen, ein Resultat der besser verstandenen und
gehandhabten Tretscheibe. Die ersten Schritte auf der neuen
B_ahn sind nicht unmittelbare Verschönerungen, die kühnen tro-
choiden Formen der besseren archaischen Gefässe mit ihren un-
vermittelten Uebergängen vom Konvexen in der Konkave werden
rundlich schwülstig und dickleibig; es sind zweihenkliche Ami
phoren, dreihenkliche Hydrien, Schalen, Oenochoen, Lekythen und
Kelche; meistens von beträchtlichem Umfange. (Diesem Stile ge-
hören die auf S. 12 unten rechts, S. 59, S. 97 abgebildeten Ge-
Passe an.)
Aber bald zeigt sich ein Fortschritt zum Kräftigen und Tüchs
tigen, das zwar noch in der Fülle seinen Ausdruck findet, aber
zugleich in der Stratfheit schwungvoller und elastischer Kurven,
welche sich dem attisch-dorischen Echinusprofil immer mehr
annähern. Einige Härten des archaischen Stils (z. B. in den UeberÄ
gängen des Halses zum Rumpfe, in den Fussansätzen und sonst)
bleiben noch zurück, die Kontinuität der Kurven ist mehrfach
unterbrochen, die struktive Bedeutung gewisser Symbole scheint
noch nicht immer klar erkannt und in diesem Sinne gehandhabt
zu sein. Den üppigen Formen entspricht noch eine gewisse mo-
notone Buntheit der Dekoration, die das orientalische Prinzip noch
nicht ganz verleugnet, obschon eine Tendenz nach dem entgegen-
gesetzten harmonischen Systeme (Unterordnung kontrastirender
Theile um einen Beziehungsmittelpunkt) schon erwacht ist. 1
Es folgt ein Umschlag in der Richtung, nämlich die gekünstelte
zierliche Ivormenstrenge; ein Stil der, wenn er herrschend blieb
und als Kanon erstarrte, der höchsten Entfaltung der Künste und
des wahren Hellenismus im Allgemeinen entgegengetreten wäre.
Er Waltet zur Zeit der Tyrannen, in der nach den Pisistratiden
1 Vergl. Hd. I. ä. 14.