142
Sechstes
Hauptstück.
durch die alte Technik neben der späteren, werden beide gleich-
zeitig angewandt und zwar häufig untermischt und abwechselnd
an einem und demselben Gegenstande.
Die Umrahmung des Bildes wird nun entbehrlich, eine wich-
tige stilistische Neuerung und ein Vortheil, der zunächst den
grösseren Kunstconceptionen die Hand bieten muss, aber auch
den Eintritt laxerer Grundsätze des Stils begünstigt.
In der ersten Periode der hellenischen Töpferei, wie man noch
die Figuren schwarz abhob, bediente man sich ausser dem Schwarz
noch anderer Farben, die mit Hülfe der Pfeifenthonunterlage (en-
gobe) fixirt oder auch als Deckfarben ohne diese Unterlage auf-
gesetzt wurden. Meistens, ausser dem Weiss, nur braun, violett,
gelb und roth. l Sehr selten sind Grün und Blau.
Diese für die ältesten Vasen charakteristische Oligochromie
verliert sich in der Mittelzeit, sie wird fast Monochromie.
Hernach aber kehrt die Töpferkunst wieder zu der Mehrfarbig-
keit zurück und gegen das Ende des 4. Jahrhunderts vor Chri-
stus entsteht eine ganz neue entschieden polychrome 'l'öpferei,
die eine dritte Periode dieser Kunst bezeichnet.
Allgemein
Formales.
Die höchste Glorie der hellenisehen Keramik ist nicht die
vielgepriesene Kunst, womit sie ihr Werk ausstattet, die sie aber
in bester Zeit in angemessener Weise dem Ganzen unterzuordnen
weiss, ist vielmehr dieses Werk als Ganzes, ist seine Form, sein
allgemeiner Habitus als Kunsteinheitliches, als Resultat der
freiesten, bewusstvollsten und vollkommensten Be-
herrschung aller zwecklichen (oder ethischen), stofflichen und
technischen Vorbedingungen der Form. Indem sich das Ringen
mit diesen nicht formalen Elementen in letzterer in keiner lei-
sesten Weise mehr verräth, ist sie von jenen Elementen voll-
ständig emaneipirt, als Schönes an sich nur noch sich selbst
Zweck. Die Emaneipation von den nicht formalen Elementen der
Form, in dem angedeuteten Sinne, war das stete Streben der
hellenisehen Kunst im Grossen und im Kleinen. Sie ist auch der
Inhalt der Geschichte der liellenischen Töpferei; ein Ringen nach
demselben Ziele auf diesem mehr untergeordneten Gebiete der
1 Nach John, Malerei d. A. p. 173 sind alle diese Farben , ausser dem
Weiss, Eisenoxyde.