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Sechstes
Hauptstück.
diesen Verhältnissen wählen durfte, erkauft wurde. Zu diesen ästhe-
tisch-formalen Vortheilen tritt noch der praktische, dass die porö-
sen, bei niedrigem Hitzegrad gebrannten, Gegenstände dem raschen
Temperaturwechsel mehr Widerstand leisten und nicht so leicht
springen. Ein hoher Hitzegrad erheischt zunächst eine Mischung,
die im Stande ist ihn zu ertragen; die Eigenschaften, die sie dazu
befähigen, sind der Formgebung nicht durchaus günstig, so dass
schon hierdurch eine Beschränkung in derselben nothwendig
wird. Sodann schwinden und deformiren sich die aus solchen
Pasten gebildeten Gegenstände im starken Feuer mehr, als diess
bei den leiehtgebrannten Töpferwaaren der Fall ist; eine Menge
von Vorsichtsmassregeln ist erforderlich, um die zahllosen Schwierig-
keiten zu beseitigen, die sich dem vollen Gelingen dieser Art von
plastischen Werken entgegenstellen. Zuletzt sind diese, wenn sie
gelangen, zerbrechlich, nicht temperaturbeständig, und zwar nach
Massgabe und Verhältniss der grösseren oder geringeren Zweck-
angemessenheit der Formen, die man ihnen gab. Es folgt hier-
aus, dass eine diesen Schwierigkeiten bestens sich fügende Form
zu wählen sei, dass diese Form eine andere sein müsse als die-
jenige, welche gestattet ist, wo man es mit einem bequemeren
Stoffe zu thun hat.
Es sind daher schon Nachahmungen antiker Vasen in Fayenee
oder in Porzellan bedenklich, obschon diese noch mindest gefähr-
liches Nachbilden in allen Stoffen gestatten, weil (wie schon ge-
zeigt wurde) der hellenische Stil weniger als irgend ein andrer
vom Stoffe abhängig ist.
Aber leichte emaillirte Metallkannen, silberne Becher, Kande-
laber aus Bronzeguss, nachgebildet in irgend einem harten Stein-
gute oder Porzellan, kurz die Mehrzahl der neuesten Produkte
höherer Keramik, wo diese nicht wieder auf die barocken Formen
der letzten Jahrhunderte verfällt, sind entschiedenste Versündi-
gungen der modernen Töpferkunst gegen den keramischen Stil,
wenn schon mitunter Zeugnisse dessen, was man mit Hülfe einer
vollendeten Technik auch gegen die Natur: den Gesetzen (168
Stils zum Trotze zu leisten vermag.
Auch die Alten transponirten nicht selten ihre Weisen, trugen
sie über von einer Technik auf die andere, aber mit wahre;-
künstlerischer Einsicht und richtigem Verständniss dessen, worauf
es ankam. So z. B. sind die ältesten griechischen Kunstvasen