Keramik.
Einleitung.
es wurden auch Gefässe, theils als Unterpfander fortdauernden
Todtenkults, theils als liebes Besitzthum des Verstorbenen, und
als Erinnerungen an wichtige Momente seines Daseins, im Grabe
desselben niedergelegt. Diesem Gebrauche begegnen wir merk-
würdiger Weise überall wo ein erster Ansatz zu höherer Kultur
bei Völkern hervortritt. Hieraus folgert sich dann von selbst die
religiöse Bedeutung der Gefässe, die ebenso allgemein ist wie
jene todtendienstliche, so dass es keinen Kult gab, und gibt,
ohne heilige Geschirre.
So wurden die Töpfe Symbole des Glaubens und in Folge
dessen auch Gegenstände höherer Kunst! Und gerade diese
Werke höherer Töpferei erhielten sich wegen ihrer Bestimmung
als Gegenstände des Todtenkults im schützenden Schosse der
Erde, während von der eigentlichen Haushaltstöpferwaare aller
Zeiten fast gar nichts übrig blieb.
Der gebrannte Thon, selbst der nur unvollkommen am Feuer
erhartete, ist, abgesehen von seiner Zerbrechlichkeit, der unver-
ganglichste Stoff; er überdauert um vieles selbst Stein, Metall
und was sonst die Natur Solidestes zu technischer Benützung
liefert. Sogar die unzersetzlichen edlen Metalle stehen insofern in
der Dauerhaftigkeit dem gebrannten Thone nach, als sie die Raub-
sucht und den damit verbundenen Zerstörungstrieb des Menschen
reizen. 1
So kommt es dass die fossilen Töpfe für die Geschichte der
Kunst (sowie der Menschheit im Allgemeinen) das gleiche In-
teresse haben welches der Naturforscher an den vorweltlichen
Ueberresten der Pflanzen und der animalischen Welt ündet. Sie
sind die ältesten und beredtesten Dokumente der Geschichte.
Man zeige die Töpfe die ein Volk hervorbrachte und es lässt
sich im Allgemeinen sagen, welcher Art es war und auf welcher
Stufe der Bildung es sich befand! Hier sind zwei Abbildungen
von Gefässen neben einander gestellt, die beide einstmals hohe
religiöse Bedeutung hatten: das erste ist der heilige Nileimer,
1 "Zwei Stoffe, reich an Lehre für die Geschichte der Gesellschaft und
"für die der Erde, können Tausende von Jahrhunderten hindurch sieh erhalten,
wund uns die ersten Elemente der ältesten Geschichte der Menschheit und der
"Erde lehren. Diess sind einestheils die 'l'errakotten und anderntheils die
"festen Theile der Thiere und Pflanzen in ihrem fossilen Zustande. Ausser
"diesen beiden Zeugen der Vergangenheit ist alles formlos und stumm."
Brongniart.