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Erstaunen zu geschehen pflegt, und dieser Umstand
bestätigt uns die Lage, in welcher Ariadne darge-
stellt sein soll, dass sie nämlich dem Theseus, schmerz-
lich und erstaunt zugleich, von der Höhe der Fels-
insel nachschaut.
Andererseits ist es wahrscheinlich, dass unsere
Statue, ebenso wie die gleichartige in Venedig (Hett-
ner p. 88.) einen Gegenstand in der linken Hand
hielt. Das Attribut der andern Statue soll unkennt-
lich sein, es liegt aber nahe, der Ariadne den be-
kannten Garnknäul in die Hand zu geben, mit dem
sie dem Theseus den Ausgang aus dem Labyrinthe
möglich machte. Da der Restaurator die Flöte nur
angedeutet hat, so kann dieselbe sogar als Rolle für
den Faden der Ariadne gelten.
Fragen wir nun nach dem Eindruck, den diese
Statue auf den Beschauer macht, so ist derselbe
ein ganz entgegengesetzter als der, den die anderen
6 Götterbilder machen. Während in Hera und P0-
seidon die göttliche Majestät, in Apollo u. Athene
die siegende Götterkraft, in Artemis die mildreiche
Hülfe und in Aphrodite die siegende Anmuth der
Göttin am wirksamsten hervortritt, mit einem Worte
in allen 6 Gestalten uns die über menschliche Kraft er-
habene Göttlichkeit imponirt, sehen wir in Ariadne
die Leiden einer Heroine verkörpert, die ihrem gelieb-
ten Helden Theseus entsagen muss, weil der Gott
Dionysos es verlangtt). Weil sie sich aber einem
göttlichen Rathschlusse unterwirft, so ist in ihren Ge-
i) Ygl. Höhl. Odyas. XI 324 c. Schal.
58. Pausan. X. 29. 2. Catull. LXIV. 252.
Hesiod. Theogt940. Diodnr.
O. Jahn Beitr. p. 277.