15
gewande bedeckt ist, fehlt jeder Zug lüsterner Sinn-
lichkeit. Kommt nun noch dazu, dass das Symbol
des Bogenschusses uns die Hoheit des strafenden
und schützenden Kampfgottes, und Lorber und
Schlange uns die Macht seiner Heilkraft vorführen,
so wird das Bild der Schönheit in unseren Augen
noch zur Erhabenheit und Grösse steigen, und uns
die Ehrfurcht gebieten, die das Wesen der Gott-
heit verlangt. Könnten wir daher mit vollem Rechte
in dem Vatikanischen Apoll ein Cultusbild erkennen,
so spricht doch der Fundort und das aus der Tech-
nik gemuthmasste Zeitalter seiner Entstehung dafür,
dass einer der Nachfolger des Augustus diese Statue
des Apollo nach einem älteren Werke des Erzgusses,
wie man aus der leichten Behandlung des Mantels
vermuthet, für seine Villa hat ausführen lassen. Moch-
ten auch der Besteller und der Künstler nur die
Schönheit der Technik im Auge haben, und für die
sittliche Wirkung der Statue unempfänglich sein, so
können wir uns doch dieselbe nicht ohne jene Er-
habenheit des Gedankens und jene sittliche Schönheit
und Würde denken, welche den Geist des Künst-
lers beseelte, der das Urbild wahrscheinlich auf grie-
chischer Erde geschaffen.
Venus von Uapua,
6' 6" hoch, in den Ruinen des Amphitheaters von
Capua gefunden, jetzt im Museo Borbonico zu Nea-
pel. (Vgl. Millingen An. Un. Mon. II. 4. 5. Müller
D. a. K. II. XXV. 368) Restaurirt sind die Arme und
die eine Seite der Gewandoberliäche.