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davon versteht; das Brüderchen aber ist auf der sen Pariser Ausstellung die goldene Medaille,
Ofenbank sanft eingeschlafen und nickt mit dem und zwar für ein Kinderbild unter dem Titel
blonden Köpfchen. Am Ofen selbst sitzt der wie Nouveau-nec (jetzt im Museum zu Lau-
Vater, der von Allen am schärfsten aufpasst. sanne). Aehnliche Familienszenen entstanden
Dies Bild, 1862 auf der-Ausstellung in Ncuen- in diesen JJ. von 1866 auf 68 noch mehrere (s.
burg, wurde vom Stadtrath daselbst für 1000 das Verzeichniss der Stiche). Für Schweizeri-
Franken für das städtische Museum angekauft, sehe Ausstellungen hielt sich der Künstler da-
worauf die Kantonalregierung von Bern auf An- gegen an seine charaktervollen Berner Bauern.
suchen der dortigen Kiinstlergesellschaft bei dem Auf der von 1867 war eine vGemeindeversamm-
jungen Maler ein Bild von 3-4000 Franken be- lungw, an bezeichnenden Figuren und eigen-
stellte. Anker war den Winter in Italien gewe- thümlichen Gesichtern iibcrreich: ein ganzes
scn, hatte Florenz und Venedig besucht und Dorf, mit Familienähnlichkeit in den einzelnen
vollendete jetzt zunächst einige kleinere Werke: Clans, die seine Bevölkerung bilden (jetzt im
einmal, vielleicht als Nachwirkung der vcnezia- Musee Rath in Genf). Ein kleineres Charakter-
nischen Koloristen, schritt er dabei aus seinem bild von 1868 stellte einfach eine geheizte Stube
Kreis heraus mit dem Bild einer jungen Edel- dar, in der um den Ofen drei Bauern sitzen, so
dame des 16. Jahrlr, die beim Austritt aus der ganz jeder für sich und mit sich beschäftigt, dass
Kirche Almosen spendet (von dem französischen gerade in_ dieser isolirten Gruppirung der Berner
Ministerium angekauft, jetzt vermuthlieh in Bauerntypus erkennbar war. 1870 malte der
B a y o n n e; s. Stiche etc. N0. S). Der Ruf des Künstler zum ersten Male historische Genrebil-
ächt nationalen Künstlers stieg jetzt auch im der: Pestalozzi, der nach dem Blutbad von
Vaterlande rasch; Städte undKunstvereine wett- Stans durch die Franzosen sich der verwaisten
eiferten im Ankauf seiner Werke. Im Jahre 1864 Kinder annimmt (in der Galerie der Zürelier
kam jenes von der Berner Regierung bestellte Künstlergesellschaft), und, bei weitem anspre-
grosse Bild auf die Schweizer Ausstellung (auch ehender, die vMilchsuppe von Kappeln (im Pariser
auf der Münchener Ausstellung von 1869), um Salon von 1870, wo man ihm im Hauptsaal einen
dann in das Museum zu Bern überzugehen. Es Ehrenplatz eingeräumt hatte) : in den Religions-
stellt cin Examen in einer Dorfschule dar. Ein kriegen der Reformation schlossenbeide Parteien
kleiner Bube steht vor der schwarzen Tafel; er einmal einen Waffenstillstand, stellten eine
muss sich auf die Zehen aufreeken, um mit dem Schüssel mit Milch auf der Grenzlinie beider
Stückchen die Worte auf der Tafel zu erreichen, Gebiete auf und assen sie gemeinschaftlich mit
aber er ist dennoch der Stolz des Schulrneisters, Löffeln aus (im Besitze der Frau Zöllinger-Bille-
derneben ihm steht und seine Schöpfung mitWol- ter in Zürich). Endlich machte 1870 in Aarau und
gefallen betrachtet. Links sitzt um einen Tisch 1871 in Winterthur der Künstler Glück in einer
die Schulkommission der Gemeinde, meist Hono- ganz neuen Gattung. Das Bild hcisst: uDIB
ratioren in vorsündfiuthlichen Röcken, unter badenden Kindere, lauter Mädchen, vom Back-
denen man auch den Vater des Wimderkindes fisch bis zum dreijährigen Kind in verschiedenen
zu erkennen glaubt; zum Theil in Hemdärmeln, Situationen vor und im Bade. Dass die Kinder
trotz der Anwesenheit des Herrn Pfarrers. Wie theils am Bad sich freuen, thcils vor dem kalten
weit aber der Kreis von Ankers Gegenständen Wasser sich fürchten, gibt dem Ganzen einen
reicht, mageinkleineresBild derselben Schweizer Ausdruck von Natur und Humor, der das Bild
Ausstellung von 1864 beweisen (jetzt ebenfalls von sinnlichen Anreizungen frei hält.
im Berner Museum). Ein etwa zwölfjähriges Anker ist entschieden mehr Zeichner als
Töchtcfchch ist in gfühclh Laub als Lcichc slls- Kolorist, und das Charakteristische des Einzel-
gclcgi; die schwarzgekleidete Mutter zeigt es nen geht ihm weit über die malerische Gesammt-
len Schnlfreundinnen, welche das Bettchen mit Wirkung. Oft gibt sich sein leicht und rasch
dem Ausdruck thcils der Theilnahme thcils der schaifendes Talent mit sehr ßkizzgnhaftgr Ans-
kindlichen Neugier umstehen. Eins der kleinen führung zufrieden, die eben genügt, die Intention
Mädchen aber legt scheu noch einen besonderen des Werkes ins Licht zu setzen; das tndte Kind
Kranz auf die Bettdecke der Todten: woher das in Bern ist geradezu flüchtig gemalt, die Land-
Bild seinen Namen vDic kleine Freundin" trägt. snhsft auf dem Kindsrbnd nnrn Andrerseits
Alls dcmsclhcn Jahre Wßrch hcch ZWci ßlldcrc fehlt es nicht selten den Bildern an der Abstu-
grössere Genrebilder in Paris ausgestellt: Taufe fnng des Tons, an Lnft und Tiefe, Darin steht
111d Bcgrähhiss cincs Kindes als Gcgcnstückc er seinem Landsmanne Vautier nach, mit dem
lctztcrcs im Mllscllm Zll Aßfsll; dic Tßllfc unseren Künstler zu vergleichen nahe liegt.
r. Stiche etc. No. 7). Aus sechs Werken auf der Auch in den Gegenständen unterscheiden sich
ßleuenburger Ausstellung von 1866 kam eins, beidd Anker malt lieber Männer, Vnntier- be-
Üas im Wsldc chlgcschlafcllc Mädchch, ih das herrscht auch die naive oderdiebefangene Schön-
itädtische Museum Zll Lillc (s- Stichc cfc- heit des Landmädehens. Anker macht das herbe
90- 9l- Volksthum seiner engeren Heimat durch Humor
Im J. 1867 erhielt A. mit Vautier, unter allen liebenswürdig, Vautier sucht sich neben Schwei-
ächweizer Malern sie die einzigen, auf der gros- zern auch die schwungvolleren der deutschen
Meyer, Künstler-Lexikon. II. 19