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lor aber in ihren sechziger Jahren das Angen-
licht. In der Regsamkeit und mannigfaltigen
Bildung ihres Geistes fand sie seitdem neue
Hiilfsqnellen des Lebens; sie blieb der Mittel-
punkt einer gewählten Gesellschaft, und wie
dadurch ihr eigenes Dasein erheitert wurde, so
fühlten sich durch ihr geist- und inhaltvolles
Gespräch Künstler und Gelehrte gefördert. Es
wird glaubwürdig erzählt, Van Dyck habe bei
seinem Genneser Aufenthalte in ihrem Hanse
viel verkehrt und oft behauptet, dass er aus den
Kunstgesprächen mit der Blinden mehr Beleh-
rung empfangen als von bedeutenden Meistern
mit dem trefflichsten Augenlicht. Wäre freilich
die gewöhnliche Annahme (die übrigens durch
nichts begründet ist) richtig, dass nämlich Sofo-
nisba schon 1620 gest. sei, so könnte Van Dyck
sie unmöglich gekannt haben, da er erst im
Herbste 1621 nach Italien kam und den Winter
von 1621 auf 22 in Genua zubrachte. Allein
sicher lebte wie auch Dallaway annimmt-
die Künstlerin fast bis in die Mitte der zwanzi-l
ger Jahre; allen Berichten zufolge starb sie
nennzigjährig, und dass sie schwerlich um 1530,
sondern 1535 geb. worden, ist oben erwähnt.
In ihrer eigenen Kunstübung gehörte Sofo-
nisba der Cremoneser Schule in ihren besseren
Leistungen an, während sie ein grosses und
eigenthümliches Talent bewährt in der seltenen
Naturtrene, Welche ihre Bildnisse auszeichnet.
Als Schülerin des Bernardino Campi zeigt sie
den Einfluss des Romanino in dem leuchtenden
und vollen Kolorit, das übrigens von kiihlerer
Klarheit ist als das der Venezianer; durch Ber-
nardino Gatti hat sie andrerseits Correggids
Einwirkung erfahren, wie denn in jener Zeit
ihre Porträts durch Harmonie und schmelzende
Weichheit der Behandlung hervorragen. Dabei
sind Auffassung und Modellirung durchaus tüch-
tig und gemahnen an die gute Zeit des Cinqne-i
cento; nirgends gewahrt man eine in's Schwäch-
liche spielende Zartheit der Frauenhand. Dass
ihre Bildnisse den Reiz vornehmer Erschcimrng
und Anordnung haben, ist fast selbstverständ-
lich. Merkwürdig ist, dass bei ihr das Indivi-
duelle und der Ausdruck des Charakters schär-
fer und bestimmter hervortreten, als bei den
Venezianern.
Doch scheint sich ihre Meisterschaft auf das
Porträt beschränkt zu haben. Das schon er-
wähnte Bild Von 1559, worauf sie sich als Mado-
lescensw bezeichnet, die hl. Familie vorstellend
(früher und wahrscheinlich noch in Privatbesitz
zu Cremona), zeigt eine gewisse Befangen-
heit, insbesondere Härte in der Färbung; sie
scheint darin verschiedene Vorbilder, neben denl
Campi auch Parmigianiuo und Pordenone von
dem sie in Cremona Fresken und Oelbilder vor
Augen hatte nachgeahmt zu haben. Wahr-
scheinlich waren ihre religiösen Darstellungen
alle dieser Art, und mag sich desshalb so wenig
davon unter ihrem Namen cl-halten haben.
Vasari und Baldinucci berichten auch von
genrehaften Zeichnungen, worin sich die Künst-
lerin ausgezeichnet habe; eine davon kam in
den Besitz des Grossherzogs Cosimo von F10-
renz. Es sind Darstellungen von lachenden Kin_
dern, worin sich eine komische Charakteristik
zeigt (vergl. Stiche N0. 3).
Ihre Werke (erhalten):
i) In C r e mo na (Privatbesitz, Gebrüder Bi-em
ciani) z Madonna mit dem Kinde an der Brust
Kleine Fig. Mit der Jahrzahl 1559. s. 'l'ext
und Stiche N0. 1.
2) In Florenz, Uffizien: Selbstbildnigg
Sie hält Papier und Pinsel, vor ihr liegt die
Palette. Bezeichn. 1 Sophonisba Anguisciola
Cremis. Et. sum ann; xx. Gehört nicht zu
ihren bedeutenden Werken. s. gest. Bild-
nisse N0. 1-6.
3) In Bologna (Privatbesitz) : Selbstbildnis;
Sie sitzt am Klavier, hinter ihr eine alte
Dienerin. Bez. : Sophonisba AngussolaVii-go
Iilia Amilcaris Dono dedit MDLXI. Aecht
aber etwas triibe in der Färbung. '
4) In Brescia, Galerie Brognoli: Blldllisg
eines Venezianischen Gesandten. Mit ihrem
Namen bez.
5) In England, bei Lord Spenser auf Alt
h or p: Selbstbildniss. Sie sitzt am Klavier
hinter ihr eine alte Dienerin. Aehnlich
das Bild in Bologna. s. gest. Bildnisse No_ 3
6) In Burleigh Hanse: Männliches Bild;
niss. (Nach Waagen.)
7) Bei Lord Yarborough in London_
Bildniss einer Nonne im weissen Ordens;
kleide. Vielleicht das der Schwester Elena 9
Mit dem Namen der Künstlerin.
S) Sammlung Vernon Hareourt auf Nune-
ham Park Selbstbildniss, noch in sehr ju_
gendlichem Alter. Klein. (Nach Waagen.)
9) Sammlung-William Stirling zu Keir.
Selbstbildniss. Sie sitzt an einer Staiiblei
und malt an einem Madonnenbilde. (Nach
Waagen.) s. gest. Bildnisse No. 10.
10) In Wien, Belvedere; Selbstbildniga
Kl. Brustb. Sie hält ein offenes Buch mit der
Inschrift: Sophonisba Angnissola virgq S8
ipsam pinxit. 1554.
ll) In Berlin, Sammlung des Grafen Rae_
zynski: Drei Schwestern der Sofonisba
Schach spielend, weiter zurück eine alte
Dienerin. Mit der Aufschrift; son. AN_
GUSSOLA VIRGO AMLLCARIS FILIA TRES
SUAS soaonns ET ANCILLAM PINXIT. MDLV_
Früher in der Sammlung von Lucien
naparte. Hauptbild der Künstlerin. s. Text
und Stiche N0. 4.
12) In Paris war 1840 in Privatbesitz eine
Wiederholung dieses Bildes; die grosse Be-
stinnntheit der hlodellirung bei weicher, fet_