609
3] David besiegt Goliath. Komposition von vielen
Figuren zu Fuß und zu Pferde. Auf der Degen-
scheide des an der Erde liegenden Riesen liest
man: aomas, und auf dem Kleide des jungen
Siegers: navm. gr. qu. F01. Pass. V.
p. 39. No. 94.
4) Der Besuch der Königin von Saba bei König Sa-
lomo, ein tlgurenreiches Bl. ; weine Kompositionu,
wie Zani sagt, nvon circa 117 kleinen Figu-
ren, vier Pferden, neun Hunden, einem Vogel
und acht Statuenn Unter den n neun Hundenu
beilnden sich, nebenbei bemerkt, drei Panther.
Im Mittelgrunde, am Haupteingange eines mit
Säulen geschmückten Tempels empfängt Salomo,
begleitet von Hofleuten, die Königin von Saba,
die ein langes Schleppkleid mit weiten bis an
die Erde hinabreichenden Hängeärmeln trägt
und ebenfalls zahlreiches Gefolge bei sich hat.
gr. qu. F01. Pass. V. p. 39. No. 95.
I. Vor der Inschrift über dem Tempelportal,
II. Mit der Inschrift: TFNPLVM SALOMONIS,
wobei das N im ersten Wort nicht verkehrt
geschrieben ist, wie Passavant angibt.
Nach Zanfs und Passavantfs Ansicht sind
dieses Bl. und die drei verhergehenden nach
Botticelli von Baldini gestochen, der aber ganz
gewiss Nichts mit ihnen zu thun hatte. Auf
dem letzten B]. steht im Vordergrunde links
neben einem Pferd ein vom Rücken gesehener
Mann, der mit der Rechten einen Spiess auf die
Erde stützt; in der Mitte zwei mit einander
sprechende Männer, von denen einer zwei Hunde
an der Leine führt; neben ihnen ein Kind.
G. Meyer, in Naumannls Archiv, XVI. 93,
bemerkt: n Diese beiden Gruppen wiederholen
sich nebst anderen Kleinigkeiten in der nAnbe-
tung der Königen (II. No. 56), was jedenfalls für
einen gemeinschaftlichen Eriinder beider Bll.
sprißhtar Der Stecher ist sicher derselbe, welcher
die eherne Schlange und den siegreichen David
gestochen hat; aber der Zeichner ist hier ein
anderer, wenigstens sind die Figuren in der Kö-
nigin von Saba und in der Anbetung der Könige
von schlankeren Verhältnissen und gefälligeren
Formen.
5-28) Die Propheten. Folge von 24 Bll. 8. K0-
pien nach den Propheten Baldinfs (I. N0. 1-
24). B. XIII. p. 168-172. Hier werden fol-
gende Unterscheidungsmerkmale angegeben;
uDie Schatten sind bei den Originalen mit feinen
Kreuzschrafflrungen ausgeführt, in den Kopien
mit einfachen Lagen genährter Striche bewirkt.
Das Wort Profeta ist immer Propheta geschrie-
ben; nur bei J esaias und Jonas ist ebenfalls ein
f gebraucht. Andere Bll., z. B. Samuel, Abdias,
Haggai, Malachia, sind auch sonst noch mehr
oder weniger abgeändertß Ich kenne von diesen
Kopien nur e in e, nämlich den Propheten Amos,
der in der Originalfolge (I, No. 15) nach dem
Apostel Paulus des Meisters von 1466 zugestutzt,
in der Kopie aber ganz anders komponirt ist.
29-40] Die Sibyllen. Folge von 12 Bll. 8. Ko-
pien oder vielmehr freie Nachahmungen nach
Baldinfs Sibyllen (I, No. 25-36). B. XIII,
91. No. 9-20 und 95, N0. 21-32, wo es
heisst: uDiese Sibyllen haben mit den von Bal-
dini gestochenen nichts zu schaffen; mehrere
sind ganz verändert; nur die Kimmerische Si-
bylle und die Sibylla Agrippa haben Zusammen-
hang mit denjenigen von Baldini. Uebrigens
Meyer, Künstler-Lexikon. II.
gleichen sie in Zeichnung und Stichart vollkom-
men den nach Baldinfs Propheten ausgeführten
Kopien und rühren unstreitig von demselben
Meister her; auch haben sie dieselbe Dimensionnr
nMan hat davon zwei Plattenzustäirde:
I. Vor dem Aufstich der Figuren; die beiden
ersten Bll. sind betitelt: Sibylla Oinnne-
richa und Sibylla Agrippa.
II. Die Platten sind aufgestochen; die bei-
den ersten Sibyllen heissen: Sibylla chi-
mica und Sibylla Agrippaai
Mir sind von diesen Kopien nur fünf bekannt:
die Samische Sibylle, originalseitige Kopie in
breiter Manier nach der Baldinfschen; die Per-
sische, die Kumäische , die Phrygische und die
Europäische, die ganz anders komponirt sind,
als die entsprechenden Baldinfschexl.
M55) Das Leben Christi und seiner Mutter.
Folge von 15 Bll. kl. F01. Nach G. Meyer's
Mittheilung in Naumanns Archiv (XVI. 90-
91) enthält die I-Iarzeifsche Sammlung in Ham-
burg von diesem Werk ein auf Leinen geklebtes
Exemplar in einer bisher ganz unbekannten
Vollständigkeit. Die 15 Bll. sind in drei Reihen
von je 5 Bll. geordnet, die durch 18 Zwischen-
stücke und 10 Friese mit Kandelabern, gehü-
gelten Frauengestalten und anderen Verzierungen
getrennt und zugleich eingerahmt werden.
Sämmtliche Zwischenstiicke, eben so hoch und
breit wie die Hauptblätter, sind auch von der-
selben Arbeit wie diese und bilden ein Ganzes von
ansehnlichem Umfange. Bartsch, XIII. p. 257
-267, beschreibt diese Folge unter den Werken
des Nicoletto von Modena, mit dessen authenti-
schen Kupferstichen sie jedoch keine Aehnlich-
keit hat. Heineken (III, 213) gibt sie dem Botti-
celli. Ottley (pp. 319 und 449] betrachtet sie als
die Arbeit eines altflorentinischen Meisters, und
meint, es sei nicht unmöglich, dass sie von der
Hand Finiguerrafs herrühre. Die Originalzeich-
nungen schreibt Passavant (V. p. 51) dem Filippo
Lippi zu, der selbst einige derselben gestochen
habe; die andern seien von einem Schüler Lippfs
in Kupfer ausgeführt. Dass diese Bll. von einem
Meister der ilorentinischen Schule entworfen
wurden, unterliegt keinem Zweifel. Die Zeich-
nung und Gruppirung der Figuren, der Cha-
rakter der Köpfe, der Wurf der Gewänder, die
mützenartig aufgesetzten Heiligenscheine, die
architektonisch reichen Hintergründe neben dürf-
tigen Terrain- und Vegetat-ionsformen alles
hat den Charakter jener Schule. Die Ausführung
des Stiches ist jedoch einigermaßen von der
tlorentinischen Art abweichend. Die Schatten-
striche sind zwar auch nur in einer einzigen
Richtung gezogen, ungefähr so wie in Pollajuolds
läupferstichen, aber dünner und weicher, und
ein etwas schiefer Zwischenstrich in Mantegnifs
Manier verbindet die schrägen Parallelstriche;
stellenweise trifft man sogar Kreuzschraftirungen,
die jedoch von Retuschen herrühren mögen.
Die Platten wurden nämlich von ungeschickter
und rücksichtsloser Hand aufgestoohen, welche
die Schattenstriche vergröberte und die Wirkung
verhärtete. Die Abdrücke des ersten Platten-
zustandes, von denen ich niemals eine vollstän-
dige Reihefolge gesehen, zeigen gewöhnlich
einen blassen und grauen, aber harmonischen
und sanften Gesammtton.
41) Die Verkündigung MariSL-B. Pass. 1.
77