einem Schüler dieses Meisters gesteehen. Die viel-
lbesproehenen 24 Ornamentenblätter aus der
lOttdschen Sammlung werden mit gleicher Ge-
lwissheit von Zani dem Finiguerra, von Ottley
dem Baldini, von Passavant dem Botticelli zu-
igetheilt. Nicht einmal über die Zeit und Schule,
:der gewisse Kupferstiehe angehören, ist man
einig. Die Folge der Propheten hält Ottley
für eine zwischen 1460 und 1470 gefertigte
Erstlingsarbeit Baldinfs; nach Passavants Mei-
nung ist sie ein gediegenes Werk von der erprob-
ten Meisterhand Botticellfs, also wenigstens 20
bis 25 Jahre jünger. Eine andere in der Ge-
schichte der italienischen Kupferstecherkunst
noch beriihmtere Folge, die verkehrter Weise
das vKartenspiel des Mantegnan benannten 50
Bll. werden , nachdem sie lange für eine Arbeit
Finiguerrais gegolten, von Zani und Passavant
einem unbekannten Kupferstecher der vene-
zianischen oder paduanisehen Schule beigelegt;
Ottley hingegen will die Hand Baldinfs darin
erkennen, und Harzen nimmt sie fiir den Marco
Zoppo aus Bologna in Anspruch.
Freilich wäre es von großem Interesse, wenn
wir zu jedem Blatt den Urheber nennen könnten.
Allein selbst die Namen Baldini und Bottieelli,
mit welchen wir gegenwärtig die Vorstellung der
ältesten italienischen Kupferstecher verbinden,
knüpfen sich an gewisse Kupferstiehe nur durch
Vermutungen, die bei dem Ersteren allerdings
etwas Wahrscheinliehes, bei dem Letzteren hin-
gegen viel Bedenkliches haben. Einer positiven
und zuverlässigen Grundlage entbehren wir
gänzlich. Es tragen die meisten Behauptungen,
die sich auf diese Frage beziehen, in der That
den Stempel völliger Willkür.
Ottley versuchte zuerst Baldinfs und Botticel-
li's Werke bestimmt zu sondern, indem er Jedem
eine gewisse Anzahl Kupferstiche von gleicher
oder nahe verwandter Behandlung zuschrieb,
und die Autorschaft des Malers nach der freie-
ren, nachlässigeren Art des Vortrags be-
stimmte. Bis auf die Kupfer zu Dante, die er
in Bottieellfs Kontingent hineinbringt, weil
er das Vasarfsche mettere in stampa mit ein
Kupfer stechen" übersetzt, vertheilt er die Stiche
ziemlich konsequent und methodisch: wenn
aber sein Resultat dennoch zu erheblichen
Zweifeln Anlass gibt, so ist die von Passavant
in gleicher Absicht unternommene, aber ohne
alle Kritik und Konsequenz durchgeführte Ar-
beit absolut zu verwerfen. Passavant beginnt
in seiner zuversichtliehen Weise: uDass Botti-
celli selbst sich viel mit Kupfersteehen beschäf-
tigte, sagt nicht nur Vasari und bezeugen meh-
rere mit feinem künstlerischen Gefühl behandelte
Blätter, sondern wird auch noch dadurch bestä-
tigt, dass er das Blatt, welches die nDelphische
Sibylleu vorstellt, A b bezeichnet und damit
deutlich seinen Namen Alessandro Bottieelli an-
gegeben hatu Die Stelle bei Vasari enthält, wie
bemerkt, keineswegs die bestimmte Aussage von
im Klaren gewesen, 0b Botticelli die Zeichnungen
für die Ausgabe Dante's selbst stach oder von
einem andern Künstler stechen liess. Da an
jener ersten Stelle gesagt ist, dass Baldini alle
seine Werke nach Botticellfs Zeichnungen ge-
stochen habe, so meinte man auch, dass Vasari
bei den Worten 1:10 mise in stampan den Baldini
im Sinne gehabt, und dass die Worte vil meglio
ehe si vegga di sua manow, die sich anscheinend
auf einen Kupferstich von Bottieellfs eigener
Hand beziehen, ebenfalls nur von einem Kupfer-
stich nach seiner Zeichnung zu verstehen seien.
Auch zählte ehemals Botticelli nicht zu den
Kupferstechern; man belegte sonst in der Regel
jeden altitalienisehen Kilpferstieh, für den man
keinen Meister mit Gewissheit anzugeben wusste,
mit dem Namen Baldini, wenn er nur mit den
längst darunter gangbaren Blättern Aehnlichkeit
hatte oder nicht zu sehr davon abwich. Bartsch,
obwohl er zugab, das Indruckgeben, wovon Va-
sari spricht, könne siehsehr gut nur auf das
Liefern von Zeichnungen zum Zwecke des Ste-
chens beziehen, entschied sich gleiehwol fiir die
Meinung, dass Botticelli selbst in Kupfer gesto-
chen habe. Seitdem wurde meistens angenom-
men, dass dieser Maler, bei seiner Rückkehr aus
Rom nach Florenz (um 147 5 oder 1476), die Ku-
pfersteeherkunst eifrig getrieben und sich mit
Baccio Baldini zu einem gemeinsamen Geschäft
verbunden habe,wobei sein Kompagnon unter sei_
ner leitenden und handanlegenden Beihülfe viel
nach seinen Zeichnungen stach, und-Botticelli
selbst zuweilen auch allein eine Kupfer-platte
ausführte. Welche Kupferstiche aber von diesem
oder jenem Meister oder von Beiden gemein-
schaftlich gearbeitet seien, lasse sich nicht mit
Bestimmtheit angeben, weil keines der aus ihrer
Werkstatt hervorgegangenen Blätter einen Na-
men, ein Monogramm oder sonst ein spezielles
Urheberzeichen trage und die Behandlung der-
selben ohnehin sich sehr gleiche. Anstatt der
früheren Etikette Baldini hatte man nun eine
Verlagsfirma Botticelli und Baldini, die eine Zeit
lang immer Zwei und immer nur Einer waren,
indem unter Schriftstellern und Sammlern die
Uebereinkunft zu herrschen schien, die Verlags-
artikel dieser Firma ungetrennt beisammen zu
lassen. Bald aber suchte man in dem Kollektiv-
werk die Schattirungen des Allein- und des Zu-
sammenarbeitens aufzufinden und Jedem sein
Theil anzuweisen. Diese kritischen Bemühungen,
die nach dem Vorgangs des Abbate Zani in Ita-
lien, mit Ottley in England und Rumohr in
Deutschland ihren Anfang nahmen und von An-
deren dann eiü-igst fortgesetzt wurden, führten
zu den widersprechendsten, aber freilich von
Jedem mit deünitiver Bestimmtheit ausgesproch-
nen Resultaten. Das Leben Christi und seiner
Mutter, 15 Bll., welche Bartseh unter den Wer-
ken des Nicoleto von Modena verzeichnet, ist
Ottley geneigt dem Finiguerra zuzuschreiben;
nach Passavant sind sie von Fra Filippo Lippi und