Antonio Averulino.
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später, im 18. Jahrh., lag es eine Zeit lang bei der Gothik heraus: vielleicht, dass er sie eben
einem Buchhändler in Siena zum Verkauf (Brief deßhalb um so leidenschaftlicher hasste. Wer-
des Conte Garrara in den Lettere pittoriche IV. fluchte, ruft er aus, vwer diese Macherei erfand!
316. V. 234). nur ein Barbarenvolk, meine ich, hat sie nach
Wie die Zeit ihres Ursprunges, so ist auch der Italien bringen könnens, Dagegen preist er alle
Inhalt der beiden Original-Manuskripte wesent- diejenigen, welche die antike Manier und Praxis
lieh der gleiche, nur dass in dem ersteren mehr pflegen. nICh segnen, sagt er einmal, ndiß Seele
von den Werken des alten Cosimo Medici und des Filippo Brunellesclii, der in unserer Stadt
in dem zweiten mehr von Sforzas Thateu im den Stil der Antike wieder von den Todten auf-
Krieg und Frieden die Rede ist. erweckt hat, so dass er nun in Kirchen und Pro-
Fiir den berühmten Sammler schöner Manu- fanbauten zurAnwendung kommtu. Gelegentlich
skripte, König Matthias Corvinus von Ungarn- wird manches Werk, wie der Palazzo di Ruccel-
Böhmen, wurde Averlinds Werk, durch Antonio lai in Florenz, und auch mancher Meister rüh-
Bonüni aus Ascoli in das lateinische übertragen, mend von Averlino genannt; ich erinnere nur an
sehr schön auf Pergament geschrieben und mit RidolfoFioravanti, den erim 14.Buche alstArehi-
kostbaren Miniaturen verziert. Als nachmals tetto del Cremlino di Moscaw aufführt, sowie an
der reiche Besitz des Königs in der Welt zer- Angele Berverio von Murano, den er als den
streut wurde, kam der Averlino zu den Domini- erfahrensten Glaskünstler lmd seinen theuer-
kanern von S. Giovanni e Paolo in Venedig sten Freund in Florenz bezeichnet, sowie an
und liegt jetzt in der Markusbibliothek. Der dessen Sohn Marine. Aber wiederholt ist auf
Titel lautet: Antonii Averulini Florcntini de die Stelle seiner Schrift hingewiesen, wo er alle
architettura libri XXV, SX itnlißo idiolnatß ab todten und lebenden Meister derFrührenaissance
Antonio Boniinio Asculano latine redditi. vor seinem Geiste gleichsam vorüberziehen lässt.
Cicognara war, glaube ich, der erste, der sein Da für Averlino die Aufzählung selber charakte-
Bcdauern darüber aussprach , dass Averlinds ristisch ist, so mag sie hier kurz wiederholt wer-
Schrift ungedruckt geblieben wäre. Vasari hat den. Er nennt zuerst die FlorentinerzDonatello,
dem Autor durch sein wegwerfendes Urtheil auf Luca della Robbia , Agostino und seine Brüder
lange hin Schaden gebracht: obgleich in dem Ottaviano (Söhne Antonios), Desiderio der uso-
Buche, so schrieb er, manches Gute gefunden lemne maestrow, Dino, Michelozzo, Pagno oder
wird, so ist es dennoch zum größten Theile Pagnio, Bernardo und seine Brüder, Lorenzo, der
lächerlich und gar zu albßrn- Insbesondere vbono maestro di bronzoß, Vettorio und sein ver-
tadelte es der Historiker, dass der Verfasser die storbener Vater, der {verstorbene lliasaccio,
Meister seiner Zeit und ihre Werke nicht in Er- Varro und Niccolö, die Schüler Filaretds in
wähnung gebracht habe. Rom, Luca, der in Mantua, und Dello, der in
Dass Vasari dennoch viele historische Notizen Spanien beschäftigt War , llrld elldlißh der Ver-
dem Filarete entnahm, dass er viel praktisches storbenc nPipo bruneleschoe. Kurz vorher hatte
und theoretischesWissen ausihm schöpfte,haben er auch der todten Meister gedacht (S- Oben)-
schon die neuen Herausgeber des Vasari bemerkt. Von den Künntlern M18 anderen Orten lrblnmßn
Und Vasaris eigener Zeitgenosse, der Architekt folgende V0" Urbdnn nur Cßrtßiln , der in Siena
undSchriftstellerPietroCataneoausSiena(-l-1568), arbeitete, der verstorbene bvnisßimß mßßßtw
hielt Filaretds Schrift für wcrthvoll und nützlich Jßßßmb delld Qnßrßia , Pasquino Von Montßpnl-
genug, um jene {ieissigen Augzügg daraus zu ciano, der Schüler Filarete's, Antonio und Isaia
machen, welche heute die öffentliche Bibliothek V011 Pisß, der bnnn Innßstrn Jnlinnni, der in
von Siena besitzt. Bei seinen Notizen aus dem Venedig Starb, Dbrrlßnißü del lago di Lllgßnß,
Werke ist Vasari keineswegs immer gewissen- Schüler Brunelleschfs, Geremia da Cremona als
haft verfahren, SO besehreibt und zeichnet vorzüglicher Erzgiesser, ein buonissimo maestro
Averlino im 25. Buche die Fassade eines Mai- M18 lßßhiß- (oder Sßhia-Vnnidll, ein Ca-tdlnne,
länder Palastes (Contrada Bossi N0. 1774), ohne Dnrnßrlido dl ÜnPn ddlntrid, der Zll Vißßvaro über
den Urheber dieses Werkes zu nennen, und doch einem Bann für den Grafen Tngllnnnzlo Starb-
behauptet Vasari, dass Averlino als solchen den Die besten Maler glaubte Averlino jenseits der
Michelozzo nenne (RicciL-Averlinds Sehreib- Alpen Zll linden; ihre Namen haben wir schon
weigg 113,1; allerdings gtwas Manigrirtes und ge- angeführt. Und. wie bemerkt: 3.11 alle diese Mei-
fällt sich in Latinismen; aber dieselbe Sonder- Stör dßßhte er, ßlß er jene kühne Idee für den
barkeit haben die besten Schriftsteller seiner Hering V0I1 Mailand verwirklichen wollte. Dass
Zeit. Die Ordnung in den Materien ist sewei er sich mit diesem Plane um die Zeit von 1450-
verwirrt als ausserordentlich komplizirt, wobei 1455 llernlnlirllg, geht ans gewissen Andeutungen
denn die weitschweifende Redeweise doppelt hinlänglich herVnr- was 61' Wollte, War eine
ermüdet. Filarete erscheint als Schriftsteller wie ideale Stadt, durchaus im Gßßßhlrldßlrß der neuen
als Künstler durchaus als der Typus der über- Zeit. Alles was die Technik Nützliches, was die
quellenden Frührenaissance. Der Formenrßiz Kunst Schönes ersonnen hatte und besass, sollte
der klassischen Welt hat auch ihn bezaubert und hier in's Dasein treten.
berauscht. Noch ist er keineswegs durchaus aus Von besonderem Interesse ist das Manuskript
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